Ausgabe April 2013

Islamismus oder neuer Aufbruch?

Tunesien zwei Jahre nach der Revolution

Der Mord am populären linken Oppositionsführer Chokri Belaid Anfang Februar 2013 legt offen, was schon länger schwelt: Tunesien, Pionier der arabischen Revolutionen, steckt in seiner schwersten Krise seit den Umbrüchen 2010/2011. Am deutlichsten zeigt dies die seit etwa einem Jahr massiv zunehmende Serie von Gewalttaten, die vorwiegend islamistischen und salafistischen Milizen zugerechnet werden kann. Dadurch haben sich nicht nur die Konflikte in der „Troika“ zugespitzt: Diese heterogene Regierung und Parlamentskoalition besteht aus der islamistischen Mehrheitspartei Ennahda (89 Sitze), deren Hauptströmung sich aus der Muslimbruderschaft rekrutiert, und zwei säkularen Parteien, Republikaner und Ettakatol (Sozialdemokraten), die zusammen 109 der 217 Sitze innehat. Insgesamt existiert in der sehr zersplitterten Parteienlandschaft (Mitte Februar waren rund 150 Parteien registriert) eine starke Tendenz zur Frontstellung zwischen säkularen und religiösen Kräften. Würde sich diese weiter fortsetzen, liefe das auf eine fatale Spaltung der Gesellschaft hinaus.[1]

„Nahda“ heißt „Renaissance“, aber weder im Kampf gegen Korruption, beim Aufbau eines demokratischen Staatswesens, der Wahrung der Menschenrechte oder der Instandsetzung der Volkswirtschaft haben die islamistischen Parteien in Kairo und Tunis ihre Versprechen erfüllt.

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