Ausgabe Juni 2014

Um die Wurst

Conchita sei Dank! Wer noch immer fürchtet, der Konflikt zwischen Russland und dem Westen könne mit Waffen ausgetragen werden, wurde beim Eurovision Song Contest in Kopenhagen eines Besseren belehrt: Musik reicht! Kaum stand die österreichische Drag Queen auf der Bühne, kamen sämtliche homophobe Russen aus der Deckung. „Euro-Homos, schmort in der Hölle“, twitterte der Kommunalpolitiker Witali Milonow. Und Wladimir Schirinowski, Chef der rechtspopulistischen Liberal-Demokraten – die Betonung liegt bekanntlich auf liberal – war völlig konsterniert: „Da unten gibt es keine Frauen und Männer mehr, sondern ein Es.“

Verfluchtes „Gayropa“: Offensichtlich bringt Conchita das klare Geschlechterbild der wahren Russen völlig in Unordnung. Die Konsequenz liegt für Schirinowski auf der Hand: „Vor 50 Jahren hat die sowjetische Armee Österreich besetzt, es freizugeben war ein Fehler, wir hätten bleiben sollen“. Da nun allerdings Österreich – anders als die Ukraine – beim besten Willen nicht mehr okkupierbar ist, muss Russland zum bewährten Mittel der Abschreckung greifen und eine musikalische Grenze errichten. Genauer: einen antifaschistischen Schutzwall. Schließlich erkennt nicht nur Wladimir Jakunin, seines Zeichens Chef der russischen Eisenbahn, einen vulgär-westlichen „Ethno-Faschismus“.

Sie haben etwa 34% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 66% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema