Ausgabe August 2017

Mittlerer Osten: Stabilität durch Despoten?

In der Märzausgabe der »Blätter« kritisierte Michael Lüders die dominante Erzählung, das Assad-Regime führe Krieg gegen das eigene Volk, und zeigte stattdessen »die blinden Flecken des Westens« auf. Dem widerspricht Jan-Niklas Kniewel: Er sieht Despoten wie Baschar al-Assad als maßgebliche Ursache für die nahöstliche Malaise.

Der Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 hat gezeigt, dass die alten arabischen Diktaturen nicht unsterblich sind. Doch je mehr sich der Irak im Folgenden in ein Schlachtfeld sunnitischer und schiitischer Dschihadisten verwandelte, desto mehr erstand der Glaube an die vermeintlich stabilen Despotien als das „kleinere Übel“ wieder auf – verstärkt durch das Chaos nach 2011 und dem Erstarken des „Islamischen Staates“ wenige Jahre später. Hätten die Menschen die Macht der alten Tyrannen nicht herausgefordert, heißt es oft, wäre der Nahe Osten heute besser dran. Tatsächlich aber hat ebendieses Denken die arabischen Staaten überhaupt erst an den Abgrund geführt. Jahrzehntelang hielten sich westliche Regierungen an der Illusion des kleineren Übels fest und ignorierten das Leid weiter Teile der Bevölkerungen – zugunsten einer „Stabilität“, die tatsächlich aber nie mehr als Friedhofsruhe war.

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