Ausgabe Oktober 2018

Lobbyismus 2.0: Der industriell-politische Komplex

Bild: istockphoto/gremlin

Was hat den Mann nur geritten, wem fühlt er sich verpflichtet?“ So lautete die empörte mediale und öffentliche Reaktion, als der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) Ende 2017 in Brüssel dafür stimmte, das höchst umstrittene Ackergift Glyphosat für weitere fünf Jahre bis 2022 in der EU zuzulassen. Dabei musste ihm – nach der Riesenkontroverse um das Unkrautvernichtungsmittel in den vergangenen Jahren – bewusst gewesen sein, welche Verwerfungen seine Entscheidung auslösen würde. Denn Schmidt ignoriert damit nicht nur eine überwältigende Mehrheit von 73 Prozent der Deutschen, die ein Glyphosat-Verbot fordern.[1] Sein Alleingang löste auch Streit in der Koalition aus und zieht den Ärger der französischen Regierung auf sich, die Glyphosat bis in spätestens drei Jahren national verbieten will. Dabei überdeckt der politische Streit fast den eigentlichen, nämlich inhaltlichen Skandal: Mit seinem Votum machte Schmidt den Weg frei für ein Totalherbizid, das im Verdacht steht, krebserregend zu sein, und das mitverantwortlich ist für das Massensterben von Pflanzen, Insekten, Vögeln, Amphibien, Pilzen, für die Vergiftung von Böden, Grundwasser und Menschen.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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