Ausgabe Januar 2019

Polens PiS: Erfolgsrezept Nationalismus

Mit großem Nachdruck betreibt Polens Regierung derzeit eine Instrumentalisierung der jüngeren Vergangenheit. Nichts weniger als die Arbeit an einem mythischen nationalkonservativen Geschichtsbild, das die Größe Polens beschwört, hat sich die regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) auf die Fahnen geschrieben. Staatspräsident Andrzej Duda zufolge geht es darum, „das Chaos in unserem kulturellen Code“ abzuschaffen, welches Kommunismus, Nazismus, Kosmopolitismus oder die nihilistische Zerstörung christlicher Werte hervorgebracht hätten.[1] Der durch solche Ideologien vergiftete Geist der Nation müsse mit einer neuen Erzählung, einem neuen kulturellen Code, geheilt werden.

So verfolgen die Nationalkonservativen in Warschau eine regressive Souveränitätspolitik der drei „Re-s“: Restauration, Reparationen, Remoralisierung. Sie handeln dabei aber weit rationaler, als es der verbreitete Populismusvorwurf vermuten lässt.

Mit einem Rekurs auf konservativ-klerikale Feindbilder (linksliberale Eliten, muslimische Flüchtlinge, deutsche oder Brüsseler Bevormundung, Kampf gegen Abtreibung und Homosexualität) soll an der Vision einer nationalen politischen Gemeinschaft gebaut werden. In dieser stehen die Bedürfnisse des polnischen „Volkes“ und der Nation im Vordergrund.

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