Ausgabe Mai 2022

Schocktherapie für Neoliberale

Die Folgen der russischen Invasion der Ukraine haben uns an die unvorhersehbaren Verwerfungen erinnert, mit denen die Weltwirtschaft ständig konfrontiert wird. Die Geschichte hat uns dies viele Male gelehrt: Niemand hätte die Terroranschläge vom 11. September 2001 vorhersagen können, und kaum jemand sah die Finanzkrise von 2008 oder die Covid-19-Pandemie kommen – oder die Wahl Donald Trumps, die bewirkte, dass die USA sich dem Protektionismus und Nationalismus zuwandten. Und selbst jene, die diese Krisen kommen sahen, hätten nicht mit Gewissheit sagen können, wann sie eintreten würden.

Jedes dieser Ereignisse hatte enorme gesamtwirtschaftliche Auswirkungen. Die Pandemie lenkte unsere Aufmerksamkeit auf die mangelnde Widerstandsfähigkeit unserer scheinbar robusten Volkswirtschaften. Die Supermacht Amerika schaffte es nicht einmal, so simple Produkte wie Masken und andere Schutzausrüstung zu produzieren, von komplizierteren Artikeln wie Tests und Beatmungsgeräten ganz zu schweigen. Die Krise schärfte damit aber unser Bewusstsein für die wirtschaftliche Fragilität und wiederholte so eine der Lehren der globalen Finanzkrise, als der Konkurs eines einzigen Unternehmens – Lehman Brothers – den Beinahe-Zusammenbruch des gesamten Weltfinanzsystems auslöste.

In ähnlicher Weise verschärft der Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Ukraine den ohnehin schon besorgniserregenden Anstieg der Lebensmittel- und Energiepreise.

Mai 2022

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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