Ausgabe August 2025

Der Wunsch nach Gerechtigkeit

Victoria Amelina: Blick auf Frauen den Krieg im Blick. Cover: edition.fotoTAPETA Berlin

Bild: Victoria Amelina: Blick auf Frauen den Krieg im Blick. Cover: edition.fotoTAPETA Berlin

Im vierten Jahr des offenen Krieges, den Russland gegen die Ukraine führt, um sich das Land einzuverleiben, lässt bei manchen Verbündeten die Entschlossenheit nach, den Angegriffenen zu helfen. Waffenlieferungen sind teuer, die ökonomischen Sanktionen gegen Putins Russland schaden uns auch selbst. Angesichts der vielen Todesopfer entsteht eine gewisse Ungeduld: Können die sich nicht langsam mal einigen? So schlimm, denken einige, kann es doch unter russischer Herrschaft auch nicht sein – zu Zeiten der Sowjetunion ging es ja schließlich auch.

Dieses Buch hilft uns verstehen, warum dem nicht so ist. Es führt zurück ins Jahr 2022 und beginnt damit, dass sich Victoria Amelina, eine Schriftstellerin in ihren Dreißigern, eine Waffe kauft. Acht Jahre dauert der Krieg nun schon an, seit Russland 2014 die Krim annektiert und die östlichen Landesteile der Ukraine besetzt hat. Quer durch das Land verläuft eine aktive Frontlinie, es gibt Kriegsflüchtlinge, Berichte von Massakern, Folterungen, Verschleppungen. Den meisten Ukrainer:innen ist klar, dass auch den bislang unbesetzten Landesteilen bald eine Invasion bevorsteht. Wie man mit der Waffe umgeht, muss Amelina im Februar 2022 erst lernen. Zuvor will sie noch mit ihrem Sohn eine längst gebuchte Ferienwoche in Ägypten verbringen. Vielleicht, denkt sie, bleibt die Invasion ja noch ein bisschen länger aus. Doch der Rückflug aus dem Urlaub, geplant am 24. Februar, findet nicht mehr statt.

»Blätter«-Ausgabe 8/2025

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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