UN-Umweltgipfel: Ineffektiv, aber unabdingbar
Im vergangenen Jahr hat die Weltgemeinschaft kaum eine der vielen Krisen und Konflikte unserer Zeit gelöst. 2024, das kann man guten Gewissens behaupten, war ein multilateraler Totalausfall.
Susanne Götze, geb. 1980 in Berlin, Dr. phil., Historikerin, Buchautorin sowie Redakteurin im Hauptstadtbüro des „Spiegel“.
Im Folgenden finden Sie sämtliche »Blätter«-Beiträge von Susanne Götze.
Im vergangenen Jahr hat die Weltgemeinschaft kaum eine der vielen Krisen und Konflikte unserer Zeit gelöst. 2024, das kann man guten Gewissens behaupten, war ein multilateraler Totalausfall.
Es ist der Anfang vom Ende der Welt, wie wir sie kennen. So könnte, kurz gefasst, die Botschaft der 28. Weltklimakonferenz (COP) in Dubai lauten, die Mitte Dezember 2023 zu Ende ging.
Ambitionierter könnte ein Ziel kaum sein: In nur acht Jahren soll der dramatische Verlust der planetaren Biodiversität gestoppt werden.
Ein Treffen von 34 000 Menschen in klimatisierten Zelten mitten in der Wüste, an einem Ort, der ohne Flugzeug nicht erreichbar ist, und in einem Land, in dem Menschenrechte und Pressefreiheit nicht respektiert werden. Das war die 27. UN-Klimakonferenz im ägyptischen Scharm el-Scheich.
Seit den Dürrejahren 2018, 2019 und 2020 jagt eine Schreckensmeldung die nächste. Der deutsche Wald ist in Gefahr – und Forstwissenschaftlerinnen, Waldbesitzende und Politikerinnen suchen fieberhaft nach Lösungen.
In Zeiten des Krieges wird Wissenschaft politisch, wie Oleg Anissimow kürzlich schmerzhaft erfahren musste. Der russische Polarforscher und mehrfache Leitautor des Weltklimaberichtes entschuldigte sich für den Einmarsch seines Landes in die Ukraine.
„Der Glasgow-Zug muss losrollen“, forderte der Chef-Verhandler des Inselstaates Tuvalu wenige Stunden vor dem Ende der 26. UN-Klimakonferenz (COP). Er bat alle Länder, dem Klimapakt von Glasgow zuzustimmen.
Am liebsten wäre es den meisten Konservativen, wenn die alte Welt durch technische Innovationen einfach so bleiben könnte, wie sie ist – mit Autobahnen ohne Tempolimits, Betonwüsten in Innenstädten und Billigfleischfabriken. Ein naiver Traum.
„Historische Entscheidung“, „Zeitenwende“, „neues Kapitel“: In der Tat, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach das vor zwei Jahren beschlossene Klimaschutzgesetz in Teilen verfassungswidrig ist, wird sich in die Geschichte einschreiben.
Vor fünf Jahren wurde der Weltklimavertrag verabschiedet – ein historisches Ereignis. Allerdings hinken die einzelnen Nationalstaaten bei der Umsetzung des Vereinbarten weit hinterher – ein klimapolitisches Versagen mit Tradition.
Trotz Pandemie streikt Fridays for Future weiterhin, wenn auch nur digital. Schon in der Schockstarre des Lockdowns im März und April mehrten sich in der Bewegung die Stimmen, die von Corona als einer „Krise in der Krise“ sprachen. Tatsächlich haben Corona- und Klimakrise vieles gemeinsam: Je besser die Vorsorge und Resilienz einer Gesellschaft, umso wirksamer können negative Folgen eingedämmt werden. Bei Corona heißt das: Je weniger Menschen sich anstecken und je besser das Gesundheitssystem ausgestattet ist, desto milder verläuft die Pandemie.
Der Blick nach Australien zeigt derzeit überdeutlich: Die verheerenden Folgen des Klimawandels machen längst nicht mehr vor den wohlhabenden Industriestaaten halt. Von den schlimmsten Waldbränden seit Menschengedenken spricht die Feuerwehr im besonders betroffenen Bundesstaat New South Wales. Schon im vergangenen Dezember wurde dort der Ausnahmezustand ausgerufen.[1] Von dieser Dringlichkeit war beim zeitgleich tagenden Weltklimagipfel in Madrid viel zu wenig zu spüren.
Der 20. September 2019 hätte als klimapolitische Zäsur in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen können. Auf einer nächtlichen Sitzung hatte die Bundesregierung bis in den Vormittag hinein um ihr Klimapaket gerungen.
Die Ergebnisse von UN-Klimakonferenzen erinnern immer öfter an das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Das gilt auch für die COP24 vom vergangenen Dezember im polnischen Kattowitz: Beifall, Freudentränen und sogar ein Luftsprung des Verhandlungsführers Michał Kurtyka zum erfolgreichen Gipfel-Abschluss erweckten den Eindruck, es gebe gute Neuigkeiten.
Es ist ein Programm ganz im Sinne neoliberaler Denkfabriken, das Argentiniens Präsident Mauricio Macri verfolgt. Mehrere seiner Minister stehen dem US-amerikanischen „Atlas-Netzwerk“ nahe, dem vielleicht größten wirtschaftsliberalen Thinktank der Welt. Dieses Netzwerk verbindet hunderte neoliberale Denkfabriken weltweit, darunter die Friedrich A.
Die merklich geschrumpfte große Koalition steht vor enormen Herausforderungen in einem politisch polarisierten und sozial gespaltenen Land. Aber nimmt sie diese auch an – oder droht ein erneutes Aussitzen dringender Zukunftsfragen?
Für die Bundeskanzlerin hätte sich Mitte November ein Kreis schließen können. Zur ersten Weltklimakonferenz im Jahr 1995, der COP1, lud Angela Merkel die internationale Staatengemeinschaft noch als Bundesumweltministerin nach Berlin. 22 Jahre später tagte der jährliche UN-Gipfel vom 6. bis zum 17. November erneut in Deutschland.
Bis zum letzten Tag gab sich die Bundesregierung ungerührt: Ein 19-zu-1-Ergebnis beim Treffen der 20 wichtigsten Industriestaaten blieb für sie – zumindest offiziell – ein Tabu. Denn eine Abschlusserklärung des G 20-Gipfels ohne Zustimmung der USA war der Albtraum der deutschen Präsidentschaft.
Donald Trump macht derzeit wahr, was viele Klimaschützer schon länger befürchtet haben: Per Dekret revidiert der US-Präsident zentrale Elemente der Umwelt- und Energiepolitik seines Vorgängers Barack Obama. Damit droht in der Klimadiplomatie der Ausfall des langjährigen Führungsgespanns, bestehend aus den beiden Supermächten USA und China.
Lange Zeit sah es so aus, als würde sich der Kampf gegen den Klimawandel über Jahre oder gar Jahrzehnte hinziehen, ohne Aussicht auf entscheidende Durchbrüche bei den Verhandlungen. Tatsächlich vergingen acht quälende Jahre, bis der Klimavertrag von Kyoto schließlich 2005 in Kraft trat.
»Adopted« – »angenommen«, hallte es am 12. Dezember 2015 gegen 18 Uhr 30 durch den Plenarsaal La Seine auf dem Pariser Konferenzgelände Le Bourget. Keine Einwände mehr, keine Widersprüche!