
Bild: Waldbrand in Reinhardtsdorf-Schöna in Sachsen, 24.7.2022 (IMAGO/Sylvio Dittrich)
Allerliebst schossen die goldenen Sonnenlichter durch das dichte Tannengrün. Eine natürliche Treppe bildeten die Baumwurzeln. Überall schwellende Moosbänke; denn die Steine sind fußhoch von den schönsten Moosarten, wie mit hellgrünen Sammetpolstern, bewachsen. Liebliche Kühle und träumerisches Quellengemurmel. Hier und da sieht man, wie das Wasser unter den Steinen silberhell hinrieselt und die nackten Baumwurzeln und Fasern bespült. Wenn man sich nach diesem Treiben hinabbeugt, so belauscht man gleichsam die geheime Bildungsgeschichte der Pflanzen und das ruhige Herzklopfen des Berges. An manchen Orten sprudelt das Wasser aus den Steinen und Wurzeln stärker hervor und bildet kleine Kaskaden. Da lässt sich gut sitzen.“[1]
Aus diesen Worten spricht eine tiefe Leidenschaft für den Wald, eine sinnliche Verbundenheit mit der Wildnis und Freude am reinen Naturerlebnis. Als der Student und Dichter Heinrich Heine im Jahr 1824 durch den Harz wanderte, eiferte er seinem großen Vorbild Johann Wolfgang von Goethe nach – und suchte dessen Naturbeschreibungen nahezukommen. In seinem Text kommen allerdings nur Tannen, Buchen und Eichen vor. Von der Fichte, dem heute dominierenden Baum im Harz, schreibt Heine nichts.[2]
Spazieren Wandernde heute auf des Dichters Spuren durchs Mittelgebirge in Sachsen-Anhalt, bietet sich ein weniger idyllisches Bild. Der Aussichtspunkt Köthener Hütte im Ostharz liegt traumhaft an sich kreuzenden Wanderwegen. Die kleine weiße Kapelle war einst ein romantischer Rastplatz für Spaziergängerinnen, gebaut rund 70 Jahre nach Heines Reisebericht. Heute sitzen Touristen auf den überdachten Bänken und schütteln besorgt die Köpfe. Aus rund 400 Höhenmetern blicken sie auf eine gescheckte Landschaft: grün mit vielen braunen Stellen. Wer ins Tal wandert, steigt über umgeknickte Bäume, die quer auf den Wegen liegen. Über die Straße geht es vorbei am Drahtzug zum Krebsbachteich. Hier stehen die Wandernden dann tatsächlich mitten im traurigen Elend: Baumstümpfe und Wurzelgeflechte ragen aus den verwüsteten Böden, oftmals stehen noch ein paar einsame dünne Fichten auf leerer Flur, nur darauf wartend, im nächsten Sturm schutzlos abgeknickt zu werden. Auch eine Fahrt mit der Harzer Schmalspurbahn zum Brocken, dem höchsten Berg des Mittelgebirges, ist eine Tour durch nackte Baumgruppen, wie eine vergessene Filmkulisse eines dystopischen Blockbusters. „Der Harz ist ein eindrückliches Beispiel dafür, dass ursprüngliche Laubwälder in Fichtenbestände umgewandelt wurden. Es ging darum, in relativ kurzer Zeit (80 bis 120 Jahre braucht die Fichte bis zur Hiebsreife) gutes Holz verkaufen zu können“, sagt Gunter Karste von der Nationalparkverwaltung Harz. Das habe viele Jahrzehnte gut funktioniert. Doch die Fichte sei für die meisten Flächen unter 700 Metern noch nie besonders gut geeignet gewesen. Sie habe schon immer „Stress“ gehabt, sagt Karste. Der Botaniker kümmert sich auf dem Brocken um den berühmten Brockengarten – der seit dem Ende des 19. Jahrhunderts für Forschungen zu Pflanzen in Hochgebirgen genutzt wird. Die Monokulturen in dem Mittelgebirge hätten Insekten wie dem Borkenkäfer eine ideale Umgebung geboten. Der Klimawandel habe dann die Stressfaktoren addiert. Das Ergebnis sei ein menschengemachtes Desaster. Ein Scheitern auf ganzer Linie.
Seit den Dürrejahren 2018, 2019 und 2020 jagt eine Schreckensmeldung die nächste. Der deutsche Wald ist in Gefahr – und Forstwissenschaftlerinnen, Waldbesitzende und Politikerinnen suchen fieberhaft nach Lösungen. Doch anders als bei einem Parkplatz, den man einfach entsiegeln, oder einem Deich, den man höher bauen kann, gibt es beim Wald keine schnellen Lösungen. Naturgemäß dauert die Anpassung hier Jahrzehnte – ein Wald wächst und erneuert sich nicht in ein paar Jahren. Der Zustand unserer Wälder ist nicht nur im Harz besorgniserregend. Laut der Waldzustandserhebung vom Frühjahr 2021 haben nur 21 Prozent der Bäume in ganz Deutschland noch vollständig intakte Kronen. Das ist der schlechteste Wert seit Beginn der Auswertungen Anfang der 1980er Jahre.[3] Selbst beim damaligen ersten „Waldsterben“ war nur rund die Hälfte des Baumbestandes gefährdet. Unter den kranken Bäumen sind meist Fichten oder Kiefern, aber auch Laubbäume wie Eichen und Buchen. Insgesamt starben in den vergangenen Jahren zehnmal so viele Bäume wie im Durchschnitt – insgesamt 250 000 Hektar sind verloren und müssen neu aufgeforstet werden.
Besonders alarmierend ist die Zunahme des Insektenbefalls – allen voran durch den Borkenkäfer. Diese stellen die Hauptursache für das Entstehen von Schadholz dar. Grund für die Ausbreitung dieser Insekten sind höhere Temperaturen und wenig Niederschlag im Sommer, darüber sind sich Forstexpertinnen und -experten einig.[4] Es regnet zu wenig und zu unregelmäßig. In den vergangenen Jahren füllten sich die unterirdischen Wasserreservoirs oft nicht mehr, außerdem häuften sich Starkregenereignisse, die zu Erdrutschen oder Erosion führen. Die Wassermassen dringen nur oberflächlich in den Boden ein. Das meiste Wasser verdunstet. Gut kann man die Trockenheit mit dem Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung beobachten.[5] Bei den drei animierten Karten fällt auf, dass Anfang 2022 vor allem bei Tiefen um 1,80 Meter der Wassermangel am größten ist. Die Dürre war in den vergangenen Jahren also so stark, dass diese Schichten noch nicht „wieder aufgefüllt“ wurden. Die oberen Erdschichten waren immerhin zwischenzeitlich wieder feuchter, weshalb sich auch die Fichten etwas erholen konnten. Sie sind als Flachwurzler auf diese oberen Bodenschichten angewiesen, die schneller austrocknen, aber auch schneller wieder Wasser aufnehmen können.
Der Mensch als Zerstörer und Schöpfer
An diesem Waldsterben ist auch der Klimawandel schuld. Dürrejahre wie die jüngst vergangenen werden laut dem aktuellen Weltklimabericht wahrscheinlicher, je höher die Durchschnittstemperaturen steigen. Doch der deutsche Wald bringt besonders schlechte Voraussetzungen für eine Anpassung an die Klimakrise mit. Die Gründe dafür liegen in der Historie, ohne die wir weder das Sterben noch seine Rettung verstehen können. Der so von den Deutschen geliebte Wald ist eine vom Menschen geschaffene Landschaft – sei es durch Holzeinschlag, Aufforstung mit schnell wachsenden Monokulturen oder Abholzung für Siedlungen und Straßen. Nur noch drei Prozent der Wälder in Deutschland sind überhaupt noch sogenannte Naturwälder, also nicht bewirtschaftete und sich selbst überlassene Flächen.[6] Urwälder gibt es so gut wie gar nicht mehr in Deutschland. Es ist schwer zu verstehen, woran der deutsche Wald krankt und wie man ihn künftig schützen kann, wenn man nur die Gegenwart in den Blick nimmt. Ein Blick zurück in die Geschichte kann jedoch helfen, das große Dilemma bei der Anpassung an den Klimawandel zu verstehen. Bis Ende des Mittelalters gab es vielfältige Nutzungen des Waldes, beispielsweise auch durch den Anbau von Pflanzen auf Waldböden oder Viehhaltung. Bereits die Bauern in vor- und frühgeschichtlicher Zeit – also bis zum Frühmittelalter um 1000 n. Chr. – hätten ihre Umwelt nachhaltig verändert, schreibt der Waldhistoriker Hansjörg Küster. Allerdings waren die noch nicht völlig sesshaft. „Wald wurde als Folge des prähistorischen Siedelwesens parzellenweise zerstört, und anschließend regenerierte er sich wieder, vielleicht mit einer veränderten Zusammensetzung an Baumarten“, so Küster. Doch das änderte sich dann im Mittelalter, als sich Bürgerinnen und Bürger in neu gegründeten Städten niederließen.[7]
Bereits mit Beginn des Bergbaus – je nach Region zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert – wurde großflächig abgeholzt. Gleichzeitig begann man, den Wald zu bewirtschaften. In der Folge verwandelten sich die Wälder mit einer hohen Baumvielfalt in weitgehend homogene Waldbestände – und das auch schon zu der Zeit, als Heine durch den Harz streifte. Mischwälder wurden schon relativ früh durch Nadelhölzer ersetzt. Deshalb lässt sich die Veränderung des deutschen Waldes nicht nur an seiner Fläche, sondern vor allem an seiner Zusammensetzung messen.[8]
Dieses Erbe verkompliziert nun die Anpassung an die Klimakrise. Die Wälder haben bereits seit Jahrhunderten mit dem Verlust ihrer Biodiversität zu kämpfen. Ihre Umwandlung in plantagenartige Wirtschaftsräume hält bis heute an – ganz unabhängig von den Problemen, die wir durch die Veränderungen des Klimas erleben. Die Auswirkungen der Klimakrise ergeben zusammengenommen mit menschengemachten Landschaftsveränderungen einen komplexen und gefährlichen Cocktail.
Auch der Fichtenwald ist kein natürlicher „deutscher“ Wald (früher kam die Fichte nur in höheren Lagen ab 700 Metern vor), sondern eine Art importierter „borealer Nadelwald“,[9] der vor allem in weitaus nördlicheren Breiten vorkommt – allerdings in ganz anderen Dimensionen. Die Flächen etwa in Sibirien sind weitaus größer als in Deutschland. Waldbrände und der Borkenkäfer treten dort natürlicherweise auf – und das Absterben von Flächen ist angesichts der Größe des Waldes kein Problem. Dadurch wachsen neue Bäume von selbst nach, die Bestände erholen sich längerfristig von selbst. Doch auf den relativ kleinen Waldstücken in Deutschland führt das im Verhältnis zur Fläche zu enormen Schäden.
„Historisch bedingt gibt es bei uns viele Wälder, die keine besonders guten Voraussetzungen für die zusätzlichen Belastungen durch die Klimakrise mit sich bringen“, meint der Forstwissenschaftler Stefan Tretter, den wir für unsere Recherche in einem bayerischen Privatwald besuchen. „Wir arbeiten zwar seit mehreren Jahrzehnten auf möglichst naturnahe Wälder hin, aber der Klimawandel verändert die natürlichen Rahmenbedingungen für die Wälder – und zu den bisherigen können wir auch nicht mehr zurück.“ Man müsse nun versuchen, die Wälder so umzugestalten, dass sie resilienter werden – also widerstandsfähiger und besser für die Folgen des Klimawandels gerüstet sind. Gleichzeitig sollen sie aber möglichst naturnah – also ohne menschliche Eingriffe – bleiben und dann auch noch ihre gesellschaftlichen Funktionen erfüllen können. Dazu zählen etwa der Wirtschaftszweig der Holzindustrie, an dem Umsätze und Arbeitsplätze hängen, oder Naherholung und Tourismus.
Auf die Klimakrise zu reagieren bedeutet deshalb auch, sich dem historisch gewachsenen Erbe zu stellen. Ohne die Geschichte des deutschen Waldes ist seine Zukunft nicht zu denken. Immerhin war es der deutsche Forstbeamte Hans Carl von Carlowitz, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts das Konzept der Nachhaltigkeit erfand. Allerdings ging es dabei zunächst um rein wirtschaftliche Interessen: Vor allem der Bergbau verbrauchte viel Holz – daher bestand eine hohe Nachfrage und damit eine Motivation für die Aufforstung der abgeholzten Flächen. Erst später wurde der Begriff der Nachhaltigkeit dann mit ökologischen Ideen und Naturschutz verknüpft.
Die Geschichte von Carlowitz und den deutschen Forstakademien hat aber auch aus anderen Gründen viel mit unseren heutigen Problemen zu tun. Im Jahr 1713, wenige Monate vor seinem Tod, schlug er in einer Veröffentlichung eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder vor. Es ging darum, mit Augenmaß abzuholzen und gleichzeitig neue Bäumchen zu pflanzen – und nicht zu warten, bis nichts mehr da ist (wie man es in vielen Teilen Europas lange praktizierte). Damit wurde Carlowitz der Vater der Nachhaltigkeit und ging in die Geschichte ein: Er entwickelte die erste Vorsorge für die nächsten Generationen, die erste echte, langfristige Strategie bei der Ausbeutung natürlicher Ressourcen. Das perfektionierten die deutschen Forstwirte – und wurden zum Vorbild für andere Länder. Die damalige Erfolgsformel lautete: schnell wachsende Baumarten in optimalen Abständen. So entstanden Plantagenwälder. „Man hatte erkannt, dass Wälder nicht nur [...] ideelle Werte darstellen, sondern dass sich Holz auch zu Geld machen ließ“, schreibt der Biologe und Waldexperte Hansjörg Küster. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden in ganz Deutschland Forstakademien gegründet – die erste 1763 im Harz. Dort wurde gelehrt, dass Nadelhölzer wie Fichten besonders erfolgversprechend sind – obwohl diese bisher nicht großflächig in Deutschland wuchsen. Fichten waren sogar besonders gefragt, weil sie schnell wachsen und besonders hochwertiges Holz einbrachten. Außerdem ließen sie sich gut transportieren und wuchsen auch auf eher ungünstigen Böden. Waren die Böden extrem schlecht, empfahl man Kiefern. Fichten wurden zum dominierenden Baum, und wie Küster schreibt, wurden sie bald „Preußenbaum“ genannt, weil die Fichtenaufforstungen „säuberlich in Reih und Glied“ standen. Man habe sie immer wieder „mit in exakter Marschordnung auftretenden militärischen Verbänden verglichen“.[10] Heute würde man die Lehren von Carlowitz vielleicht in einem anderen Licht sehen – sehr nachhaltig sind solche Plantagenwälder nämlich weder für die Biodiversität noch im Fall von Extremwetterereignissen.
Vom Zweiten Weltkrieg zum Klimawald der Zukunft
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Lehren von Nachhaltigkeitserfinder Carlowitz auf die Spitze getrieben. Immer mehr Monokulturen aus schnell wachsenden Fichten und Kiefern entstanden – auch auf Flächen, auf denen früher Laubbäume wuchsen. Diese Bewirtschaftung sorgte seit dem 18. Jahrhundert zumindest regional dafür, dass die Waldfläche langsam wieder zunahm. So erholten sich die Waldbestände, die von extremen Abholzungen gebeutelt waren. Deutschland konnte seinen Waldverlust seit dem Mittelalter wieder etwas ausgleichen. Aber erst im 20. Jahrhundert nahm der Wald deutschlandweit wieder zu. Heute ist rund ein Drittel der Fläche bewaldet, und der „Holzvorrat“ ist so groß wie seit Jahrhunderten nicht mehr.[11] Trotzdem stellt sich mit der Klimakrise nun die Frage, wie nachhaltig diese Aufforstungen waren. Viele unserer Wälder sind alles andere als natürlich. Allein die Fichte macht etwa ein Viertel der Bäume aus – und mehr als die Hälfte der Holzernte. Alle Nadelbäume zusammen übersteigen bei weitem den Laubbaumbestand. Doch die Nadelbäume kommen mit den Klimaveränderungen besonders schlecht klar[12] – als Flachwurzler reagieren Fichten besonders anfällig darauf, wenn es zu wenig regnet. Außerdem lebt auf ihnen der Borkenkäfer, der zwar einem gesunden Baum wenig schadet, aber einem durch Dürre oder Sturm geschwächten Baum den Garaus macht.
Wie sollten wir also den deutschen Wald umbauen, damit er zukunftsfähig und gegenüber der Klimakrise resilient wird? Müssen wir zurück zum vormittelalterlichen Naturwald, oder können wir die bewirtschafteten Wälder klug umgestalten? Die Antworten darauf sind vielschichtig, denn an der Genesung des Waldes ist eine ganze Reihe von Akteuren interessiert. Auch die Anforderungen an den Wald werden immer größer: Bauholzquelle, Naherholungsgebiet, Rettung des Klimas und der Arten. Doch gleichzeitig wird er auch immer verwundbarer. Seit den Dürrejahren gibt es nicht nur Streit um seine Nutzung, sondern es herrscht auch Uneinigkeit über die Art und Weise, wie er umgebaut und gerettet werden soll. Ein echtes Anpassungsdrama um das allerheiligste Kulturgut der Deutschen.
Noch sind die heimischen Baumarten vielen eingeführten Arten weit überlegen – und sie sollen laut den Empfehlungen der Bayerischen Landesanstalt auch die erste Wahl bleiben. Aber die Klimaprognosen stellen den Forstwissenschaftlern eine besonders schwierige Aufgabe: Wie soll sich ein Ökosystem anpassen, das Jahrzehnte braucht, um überhaupt zu entstehen? Bis eine Fichte ausgewachsen ist – in der Forstwirtschaft heißt das Umtriebszeit –, vergehen 80 bis 120 Jahre. Bei der Buche sind es 120 bis 160 Jahre, die Pappel braucht „nur“ 30 bis 50 Jahre. Das heißt, es ist unmöglich, auch nur annähernd real zu testen, wie sich junge Tannensetzlinge oder alte Buchen unter den Bedingungen einer Welt im Jahr 2100 verhalten, in der das Klima weltweit um zwei bis drei Grad angestiegen sein wird. Allerdings gibt es bereits Klimamodelle für Bäume. Die geben der Fichte in Deutschland auf den allermeisten Standorten keine große Chance mehr und sagen Baumarten wie Lärche und Kiefer eine schwierige Zukunft voraus.[13] Andere wie Eichen und Tannen könnten sich als robuster erweisen. Doch selbst wenn diese Baumarten bisher relativ gut dastehen – niemand kann vorhersagen, welche Schädlinge und Pilze in den nächsten Jahrzehnten die Wälder befallen. Auch die Folgen von Extremwetterereignissen sind schwer zu kalkulieren. Denn künftig kann es nicht nur zu extremen Dürren, intensiveren Stürmen und Hitzewellen kommen, sondern weiterhin auch zu Kälteperioden und Spätfrost, die frisch ausgetriebene Pflanzen schädigen. Nur eine Vielfalt beim Austesten und ein valider Datensatz können dabei helfen, den Wald in Deutschland resilient zu machen. Ein Restrisiko aber bleibt immer.
Dieser Beitrag basiert auf „Klima außer Kontrolle. Fluten, Stürme, Hitze – Wie sich Deutschland schützen muss“, dem neuen Buch der Autorinnen, das soeben im Piper-Verlag erschienen ist.
[1] Heinrich Heine, Die Harzreise, Anaconda Verlag, Köln 2010, S. 53.
[2] Literaturhistorikerinnen und -historiker mögen beurteilen, ob Heine hier vielleicht die Fichten für Tannen hielt. Denn zu diesem Zeitpunkt dürften im Harz schon große Flächen mit Fichten wiederaufgeforstet gewesen sein.
[3] Vgl. Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2021, www.bmel.de, 9.5.2022.
[4] Geringere Sommerniederschläge werden die Wasserverfügbarkeit für die Fichten reduzieren und höhere Temperaturen die Entwicklungs- und Vermehrungsraten des Käfers beschleunigen. Vgl. Oliver Jakoby u.a., Borkenkäfer im Klimawandel – Modellierung des künftigen Befallsrisikos durch den Buchdrucker (Ips typographus), 2015.
[5] Vgl. Dürremonitor Deutschland, www.ufz.de.
[6] Vgl. Nationale Waldschutzpolitik, www.bmuv.de.
[7] Hansjörg Küster, Geschichte des Waldes. Von der Urzeit bis zur Gegenwart, München 1998, S. 101 f.
[8] Bernd-Stefan Grew, Wald. Europäische Geschichte Online, hrsg. vom Institut für Europäische Geschichte, Mainz 2011.
[9] Borealer Nadelwald, auch Taiga genannt, ist die nördlichste Waldform der Erde.
[10] Hansjörg Küster, Geschichte des Waldes, a.a.O., S. 185 und S. 189.
[11] Bundeswaldinventur-Bericht 2018, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
[12] Ebd., S. 15.
[13] Christian Kölling u.a., Provisorische Klima-Risikokarten als Planungshilfen für den klimagerechten Waldumbau in Bayern, in: LWF Wissen 63, S. 31-39; Baumarten im Klimawandel: Buche und Tanne verlieren, www.waldwissen.net; Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Alternative Baumarten im Klimawandel: Artensteckbriefe – eine Stoffsammlung, Freiburg 2018.