Ausgabe November 2019

Prinzip Ignoranz: Klimaschutz à la GroKo

Der 20. September 2019 hätte als klimapolitische Zäsur in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen können. Auf einer nächtlichen Sitzung hatte die Bundesregierung bis in den Vormittag hinein um ihr Klimapaket gerungen. Deutschland, so die vielfach geäußerte Erwartung, würde damit einen bedeutenden Beitrag im Kampf gegen die weitere Erhitzung des Planeten leisten. Aber als am frühen Nachmittag das Klimakabinett im Berliner Futurium zusammenkam, lösten sich diese Hoffnungen in Luft auf. Im schwarz vertäfelten Neubau neben dem Hauptbahnhof lobten sich die Bundeskanzlerin und ihre Minister zwar erst einmal lange selbst: „Wenn mich etwas beeindruckt – das sage ich jetzt als Naturwissenschaftlerin – dann ist es das, was Greta Thunberg sagt: Unite behind the Science“, erklärte Angela Merkel. Doch von der Dringlichkeit einer Greta Thunberg ist im Klimaprogramm für 2030, das die Regierung dann präsentierte, kaum etwas zu spüren. Im Gegenteil: Die beschlossenen Eckpunkte für den deutschen Klimaschutz sind mutlos und markieren nicht weniger als ein totales Politikversagen.

Zur gleichen Stunde gingen in ganz Deutschland beim Aktionstag von Fridays for Future weit über eine Million Menschen auf die Straße, weltweit wurde an diesem Tag für mehr Klimaschutz demonstriert. „Jetzt gibt es kein Zurück mehr“, heißt es von vielen, die erstmals spüren, Teil einer Massenbewegung zu sein. Sie fühlen sich stark.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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