
Bild: Bei den Protesten gegen die Mafia, die Regierung und Generalstaatsanwalt Ivan Geshev werden in Sofia große Flaggen vor den Gebäuden der Institutionen ausgerollt. 10.9.2023 (IMAGO / Depositphotos)
Das demokratische Europa erlebt derzeit einen wahrhaftigen Sommerkrimi. Der Rechtsruck bei den Wahlen zum Europäischen Parlament, zur belgischen Abgeordnetenkammer und zur französischen Nationalversammlung wird die europäische Politik nachhaltig beeinflussen. Bei aller berechtigten Aufmerksamkeit, die diese Schicksalswahlen und ihre Folgen auf sich ziehen, übersieht die politische Öffentlichkeit aktuell jedoch einen Urnengang, der ebenfalls Einfluss auf die künftige Ausgestaltung der europäischen Politik haben wird: die Parlamentswahlen in Bulgarien vom 9. Juni.[1]
Bulgarien, 2007 in die Europäische Union aufgenommen, durchlebt seit einigen Jahren eine tiefe politische Krise. Beginnend mit der Parlamentswahl vom April 2021 kam es zu sechs Wahlen zur Nationalversammlung innerhalb von nur drei Jahren. Der Grund für diese politische Instabilität liegt in einer von tiefer Feindschaft geprägten Parteienlandschaft, in der Koalitions- bzw. Mehrheitsbildungen aussichtslos erscheinen. Auch das Ergebnis des jüngsten Urnengangs wird nicht die lang ersehnte Stabilität hervorbringen. Und während das politische Chaos in die nächste Runde geht, verliert die bulgarische Demokratie.
Wer die heutige politische Landschaft Bulgariens verstehen will, muss die jüngste Geschichte betrachten.