Unsere Nachbarn wundern sich über die plötzliche Hochschätzung ihres "Modells" im Ausland. Aber tatsächlich: Die Arbeitslosenzahlen sinken kontinuierlich, die Wirtschaft wächst, die Maastricht-Kriterien werden nebenbei (fast) alle erfüllt, und das soziale Sicherungssystem sowie die Arbeitsbeziehungen passen sich den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen an. Wirtschaft und Gesellschaft scheinen vorbereitet auf das kommende Jahrtausend. Um allerdings verstehen zu können, welche Faktoren diese gute Performance ermöglichen und welche Probleme in den Niederlanden nach wie vor bestehen, empfiehlt sich ein Rückblick, denn unsere Nachbarn hatten eine lange Durststrecke zurückzulegen. Noch vor 15 Jahren sprach man von der "holländischen Krankheit".
Das Etikett bezeichnete die verfahrene Situation, in die sich die niederländische Gesellschaft hineinmanövriert hatte. Auf die erste Ölkrise in den frühen 70er Jahren reagierte der Staat mit einer expansiven Politik, der angesichts steigender Einnahmen aus den Erdgasvorkommen keine Grenzen gesetzt schienen. Das hohe Niveau des ausgebauten Wohlfahrtstaates sollte erhalten bleiben, den Einbruch der Beschäftigung im privaten Sektor fing man zum Teil durch Schaffung von Arbeitsplätzen im öffentlichen Sektor auf.