Die regierungsamtliche Optimismusproduktion kennt gegenwärtig keine Grenzen, sie macht nicht Halt vor der Grenze zum blanken Zynismus. Verdrängt werden soll die Erinnerung an das Versprechen, die Zahl registrierter Arbeitsloser über die Jahrtausendschwelle zu halbieren. Kurz vor Bundestagswahlen wird mit Milliardenbeträgen die Lage geschönt. Selbst CDU-Mann Bernhard Jagoda, Leiter der Bundesanstalt für Arbeit, dämpft die verordnete Euphorie: Für die angebliche Trendwende sei "insbesondere die kräftige Ausweitung der Arbeitsmarktpolitik" verantwortlich - eine Politik übrigens, die eklatant gegen die immer wieder verkündeten wirtschaftspolitischen Grundsätze der Bundesregierung verstößt: Innerhalb nur eines Monats hat man 60 000 weitere ABM-Stellen (bzw. vergleichbare Maßnahmen) eingerichtet. Aber das stört den Regierungssprecher doch nicht. Er unterschlägt, daß, wenn überhaupt neu eingestellt wird, praktisch nur befristete Jobs vergeben werden. Er verheimlicht, daß, abgesehen von kurzen konjunkturellen Erholungen, im Trend die Arbeitsplatzverluste im Zuge systemischer Rationalisierung weiter zunehmen werden. Und er verspricht statt dessen, daß bald - natürlich nach der Bundestagswahl - die Viermillionengrenze unterschritten werde.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.