Ausgabe Mai 2000

Afrikanische Aporien im Zeitalter der Globalisierung

Im Büro der deutsch-nigerianischen Handelskammer in Lagos hängt eine Landkarte von Afrika, auf der die deutschen Handelsvertretungen auf dem Kontinent verzeichnet sind. Das arabische Nordafrika ist dreimal vertreten, hinzu kommen Südafrika und eben Nigeria. Das ganze restliche Afrika: Fehlanzeige. Ein durchaus typisches Bild in Zeiten der Globalisierung, die der Kontinent als Zuschauer erlebt. Je mehr Grenzen zwischen den Industriestaaten fallen, je selbstverständlicher sogenannte emerging markets als Partner im weltweiten Handel akzeptiert sind, desto offensichtlicher werden jene Regionen abgekoppelt, die wirtschaftlich ohne Belang sind. Letzteres gilt für Afrika, vor allem für jenes Afrika südlich der Sahara. Weltpolitisch ist der Kontinent natürlich voll integriert. Die afrikanischen Staaten haben Sitz und Stimme in den internationalen Organisationen: keine Debatte um die Zukunft des Welthandels oder der internationalen Krisenprävention ohne sie.

Aber gerade dadurch, daß Afrika überall dabei ist, wird es sich bewußt, daß es meist bloß am Katzentisch sitzt, ohne wirklichen Einfluß auf die Entscheidungen. Schon früher mußten afrikanische Führer und Intellektuelle eine europäische Sprache beherrschen, um mitreden zu können. (Umgekehrt galt und gilt das natürlich nicht.

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