Ausgabe August 2000

Einwanderung à la carte

Da haben wir also den einwanderungspolitischen Farbensalat. Nach der Green Card jetzt die Blue Card. Blau wie bayerisch, blau wie CSU. Nachdem Gerhard Schröder für IT-Spezialisten eine Ausnahmeverordnung vom seit 1973 gültigen Anwerbestop vorgeschlagen hatte, fordert der bisher nicht gerade einer liberalen Ausländerpolitik verdächtige bayerische Innenminister Günther Beckstein selbiges für Wissenschaftler und Experten weiterer Fachgebiete. Hinter der neuen Farbenlehre verbirgt sich allerdings mehr. Die vielleicht am stärksten ideologisierte Front im Lande ist brüchig geworden, die Republik am zentralen Punkt ihrer Identität betroffen - an der Demarkationslinie zwischen links und rechts. Es geht um die alte Debatte: Sind wir ein Einwanderungsland oder nicht? Genauer: Wollen wir es sein? Die bundesrepublikanische Scheidemarke zwischen links und rechts war in dieser Sache eindeutig: Links stand für Einwanderung, rechts war dagegen. Links plädierte lange Zeit für offene Grenzen, rechts hielt man das Boot für voll. Links votierte für die multikulturelle Gesellschaft, rechts fürchtete den Untergang des Deutschtums und des christlichen Abendlandes dazu. Bis in die Semantik schlug das Ideologische durch. Wer den Zuzug ausländischer Bürger auf Dauer anlegen wollte, sprach von Einwanderung.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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