Der Kanzler des Konsenses rief zum "Aufstand der Anständigen". Gegen "Intoleranz" und "rechte Gewalt" soll das Volk sich erheben. Wie beim Konsens so üblich, wird er nur möglich durch den inhaltlich kleinsten gemeinsamen Nenner. Und so konnten sich auch Horst Seehofer und Michael Glos von der CSU als Anständige in den Demonstrationszug in Berlin einreihen. Unter "Aufstand" versteht man gemeinhin eine Notwehrmaßnahme der Ohnmächtigen gegen eine ungerechte Herrschaft der Mächtigen. Es ist nicht der einzige paradoxe Aspekt des gegenwärtigen "Kampfes gegen rechts", dass es gerade die Mächtigen im Lande sind, die zum Aufstand auffordern gegen eine angeblich verschwindend kleine Minderheit.
Da kennen wir keine Parteien mehr: Von CSU bis PDS sind alle dabei. Im Zeichen des "Bündnisses für Arbeit" existiert auch kein Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit. Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften haben gemeinsam erkannt: Der Feind steht rechts. Und Anständige sind wir ja schließlich alle, oder? Der größtmögliche Konsens ist erreicht. Nur das Volk, der große Lümmel, spielt wieder einmal nicht die ihm zugedachte Rolle.