Ausgabe Juli 2002

Tunesien: Diktatur im Musterland

Wie Recht hatte doch der tunesische Innenminister, als er bei der Bekanntgabe des offiziellen Ergebnisses der Volksabstimmung über die Verfassungsreform feststellte, dass dieses "niemanden überrascht" habe: Die Wahlbeteiligung lag bei 95,59% - und 99,52% der Bürgerinnen und Bürger hatten den von Staatspräsident Zine Al-Abidine Ben Ali vorgeschlagenen Änderungen der Verfassung der tunesischen Republik zugestimmt. Welch einig Volk hinter einem Präsidenten, der sich am 7. November 1987 durch einen "medizinischen Staatsstreich" an die Macht befördert hatte, indem er den greisen Habib Bourgiba durch ein ärztliches Gutachten für amtsunfähig erklären ließ. Jener hatte sich zum Präsidenten auf Lebenszeit wählen lassen.

Unmittelbar nach seiner Machtübernahme erweiterte Ben Ali die Kompetenzen des Präsidenten in der ohnehin schon auf die präsidiale Autorität zugeschnittenen Verfassung. Allerdings galt für ihn bis dato noch die Verfassungsbestimmung, nach der ein Präsident drei Mal für eine fünfjährige Amtszeit gewählt werden kann. 1) Hier schuf das Referendum vom 26.

Sie haben etwa 12% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 88% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema