Ethnoföderale Konzepte und kontinentale Vernetzung der extremen Rechten
Die Auseinandersetzung mit der Idee Europa folgt in jüngster Vergangenheit vor allem pragmatischen Erwägungen. Das ist insofern wenig verwunderlich, als die fortschreitende europäische Integration und hier insbesondere die bevorstehende Osterweiterung die Europäische Union vor neue Herausforderungen stellen wird, etwa im Bereich der Anpassung des EU-Binnenmarktes, einer europäischen Agrar- und Umweltpolitik, der Schaffung eines europäischen Rechtssystems oder der Integration und Gleichstellung von Minderheiten in den Mitgliedstaaten.
Während im geschichts- und sozialwissenschaftlichen Bereich die Suche nach gemeinsamen "europäischen Wurzeln" beginnt und mit dieser auch eine strukturelle Überwindung nationalistischer Ideologeme verbunden sein könnte,1 findet eine darüber hinausgehende tief greifende kritische Reflexion von antidemokratischen Europakonzepten nur begrenzt statt. Europa fungiert oft als genuines Synonym für Freiheit und Fortschritt – obgleich es in der Vergangenheit auch eine Vielzahl von antiemanzipatorischen Europakonzepten gegeben hat, wie etwa das nationalsozialistische mit dem Versuch einer rassistischen Neuordnung des Kontinents.2 Mangelndes historisches Bewusstsein gegenüber durchaus vorhandenen völkischen Elementen einer Idee Europa schlägt sich auch in derzeitigen Europadebatten nieder.