Die Folterung irakischer Gefangener in Abu Ghraib wirft eine Frage auf, die weit über die Auswirkungen der Affäre auf die Wiederwahlchancen George W. Bushs hinausreicht. Es geht dabei um die Art und Weise, wie der so genannte Krieg gegen den Terror geführt wird, um die Werte und Einstellungen, die diese Kriegführung kennzeichnen, sowie um gewisse Aspekte der amerikanischen Militärdoktrin und -Indoktrination.
Welchen Anteil hat die Politik der Bush-Administration an jener Geistesverfassung und Moral des amerikanischen Militärs, die der Folter, dem Missbrauch und in manchen Fällen offenkundig sogar der Ermordung Gefangener den Weg bereitete? Die gegenwärtige Administration ist von Anfang an, schon vor 9/11, dem Völkerrecht und solchen Vertragsverpflichtungen mit Feindseligkeit begegnet, die ihrer Meinung nach die nationale Souveränität der USA einschränken oder nationalen Interessen Amerikas im Wege stehen.
In Afghanistan verbrachte sie während des dortigen Krieges Gefangene geschlossen außer Landes, besonders nach Guántanamo, ohne die Fälle im Einzelnen ernsthaft zu prüfen. Sie verstieß damit gegen die Genfer Regeln zur Behandlung von Kriegsgefangenen. Auch die in den USA normalerweise geltenden Rechtsnormen wurden und werden bis heute ignoriert: zeitgerechte Anklageerhebung, rechtsanwaltliche Vertretung und unparteiliche Judikatur.