Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung lässt derzeit keine Gelegenheit aus, für ein neues Verständnis der Begriffe „Sicherheit“ und „Verteidigung“ zu werben. Dabei meint er sowohl die innere wie die äußere Sicherheit.1 Bei diesem Vorstoß weiß sich Jung in bester Gesellschaft: Die gegenwärtige Debatte wird durch einen Diskurs dominiert, der dem modernen Völkerrecht den Stempel des Anachronismus aufdrückt. Das moderne staatenzentrierte Völkerrecht, aber auch das Grundgesetz, so die Kritik, biete keine hinreichenden Antworten auf die neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen. Jungs Amtsvorgänger, Peter Struck, formulierte demgegenüber vor wenigen Jahren das „moderne“ Verständnis des Verteidigungsbegriffs in ungewohnt anschaulicher Form: „Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.