Ausgabe August 2006

Föderaler Schlussakt

Von der kreativen Kooperation zum ruinösen Wettbewerb

Die erste große Koalition in der Bundesrepublik unter Kurt Georg Kiesinger und Willy Brandt führte ihn ein, die zweite große Koalition unter Angela Merkel und Franz Müntefering schafft ihn ab: Nach über 35 Jahren hat der kooperative Föderalismus ausgedient. Nach einer parlamentarischen Beratungszeit von nur fünf Monaten wurde in Bundestag und Bundesrat ein Eingriff in das Grundgesetz vorgenommen, der die bisherige Machtbalance zwischen Bund und Ländern grundlegend verändert. In einem beispiellosen Poker haben sich die Ministerpräsidenten der Länder einen Einfluss auf die Politik in der Bundesrepublik gesichert, wie er stärker nicht sein kann.

Der bisher am weitesten reichende Eingriff in die deutsche Verfassung nennt sich „Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“. Es geht jedoch nicht darum, die Verantwortung neu zu ordnen oder angesichts der europäischen Entwicklung die Kompetenzen klug zu verteilen. Im Gegenteil: Die in Bundestag und Bundesrat beschlossenen Änderungen des Grundgesetzes sind der dritte Schritt eines machtpolitischen Projektes, dessen Ziel es war und ist, die Position der Ministerpräsidenten und des Bundesverfassungsgerichts nachhaltig zu stärken, die Position des Bundestags aber zu schwächen.

Einige Schlagzeilen machte das Kooperationsverbot in der Bildungspolitik, das es in Zukunft der Bundesregierung und dem Bundestag nicht mehr erlaubt, beispielsweise ein Programm für Ganztagsschulen zu beschließen.

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