Ausgabe Mai 2008

Rückkehr des Staates?

In den letzten 20 Jahren war es im politischen Spektrum links wie rechts geradezu Mode, das Ende des Staates zu behaupten – insbesondere das Ende des Sozialstaates. Auf der einen Seite standen die neoliberalen Befürworter von Privatisierung, Liberalisierung und Vermarktlichung der Politik, die im klassischen Nationalstaat die zentrale Ursache für viele wirtschaftliche Probleme wie hohe Inflation, hohe Arbeitslosigkeit oder hohe Verschuldung sahen.1 Auf der anderen Seite antworteten ihnen Autoren – nicht zuletzt auch aus neo-marxistischer Sicht –, die darauf hinwiesen, dass das internationale Finanzkapital die politische Handlungsfähigkeit des Nationalstaates untergrabe: Es zwinge die Staaten im Standortwettbewerb dazu, Steuern sowie Sozial- und Umweltschutzstandards zu senken, mithin also in einen Unterbietungswettlauf, ein race to the bottom, einzutreten, an dessen Ende der minimale Workfare State des Joseph Schumpeter stehe.2

Beide Seiten – das ist leicht ersichtlich – unterscheiden sich nur in der Einschätzung dieser Situation. Während die neoliberalen Ökonomen in der Regel die Entwicklungen sehr begrüßten, sahen die linken Kritiker darin einen sozialen Rückschritt – hin zu besonders ausgefeilten Formen der Ausbeutung.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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