Kurz nach seinem 65. Geburtstag im November 2008 hat „Renten-Pabst“ Bert Rürup, zu dieser Zeit noch amtierender Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und des Sozialbeirats für die Rentenversicherung, die Katze aus dem Sack gelassen: Er gibt seine vielfältigen Ämter als Regierungsberater und Universitätsprofessor ab und arbeitet ab April 2009 exklusiv für das Finanzdienstleistungsunternehmen AWD. Der Hannoveraner Strukturvertrieb, welcher mittlerweile fast zu 100 Prozent dem Versicherungskonzern „Swiss Life“ gehört, sich aber in Anzeigen und TV-Spots immer noch als ein „unabhängiger Finanzdienstleister“ präsentiert, erwirtschaftet nach eigenen Angaben mittlerweile rund 75 Prozent seiner Umsätze mit „Produkten“ zur Altersvorsorge. Laut Pressemitteilung wird Rürup bei AWD Chefökonom, genauer gesagt: „Sonderberater für private und betriebliche Altersvorsorge sowie für Marktvalidierung von Zukunftsmärkten“.1 Als neues AWD-Mitglied wurde Rürup übrigens von einem alten Bekannten vorgestellt, nämlich von Gerhard Schröders ehemaligem Regierungssprecher Béla Anda, der nach dem vorzeitigen Ende der rot-grünen Regierungszeit bei AWD als „Chief Communication Officer“ für die Ressorts Presse, Marketing und Sponsoring untergekommen ist.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.