Ausgabe September 2010

Irrweg Migration

Wie Auswanderung zum Entwicklungshemmnis wird

In diesem Sommer wurde der Ruf nach erleichterter Anwerbung ausländischer Fachkräfte laut – und zwar aus dem Munde von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle. Damit steht der Minister nicht allein. Denn auch von entwicklungspolitischen Gruppen wird seit Jahren eine größere Aufnahme von Arbeitsmigranten gefordert.

Doch ist Migration tatsächlich allein schon deshalb gut, weil die Europäische Union die Zuwanderung seit Jahren vehement bekämpft?

Dies ist eine gleichermaßen politische wie moralische Frage. Meistens wird sie vor allem von jenen moralisch beantwortet, die der europäischen Festungspolitik ein anderes Weltverständnis entgegensetzen, nämlich eine Konzeption von Reisefreiheit für alle und offenen Grenzen. Und liegen die Vorzüge von Migration nicht tatsächlich auf der Hand? Die ins Ausland migrierten Arbeitskräfte schicken (viel) Geld nach Hause, betreiben also Armutsbekämpfung aus eigener Kraft.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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