Ausgabe April 2011

Israel in der Wagenburg

In Arabien fällt ein diktatorisches arabisches Regime nach dem anderen, und was machen die westlichen Politiker und Medien? Sie verfallen umgehend in den üblichen Reflex: Was, so fragen sie, bedeutet die arabische Revolution für die Sicherheit und Stellung Israels in der Region?

In Israel kursieren bereits Horrorszenarien, wonach die arabische Revolution wie einst in Frankreich nach 1789 in eine Art jakobinischen Terror und danach in eine Expansionspolitik ausarten könnte. All das ist, um es milde zu sagen, wenig passend. Wie überhaupt die Vergleiche mit anderen Revolutionen – etwa jener in Iran 1979, in Ostdeutschland 1989 oder in Frankreich 1789 – am Kern der gegenwärtigen Ereignisse vorbeigehen. „Was wir in Kairo 2011 erleben,“ schreibt der britische Historiker und Publizist Timothy Garton Ash, „ist Kairo 2011. Ich meine das nicht aus dem trivialen Grund, dass jedes Ereignis einzigartig ist. Sondern ich spreche von einem tieferen Sinn. Denn was eine Revolution charakterisiert, ist einerseits das Hervortreten von etwas genuin Neuem, und andererseits die Wiederkehr eines unterdrückten menschlichen Universums. Neu in Kairo 2011 ist, dass sich nun Araber und Muslime mit Mut und meistens mit friedlicher Disziplin in großer Anzahl erheben und gegen korrupte, repressive Herrscher für eine grundlegende menschliche Würde kämpfen.

Sie haben etwa 11% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 89% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (9.50€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

»Deutsch-Südwest« unter Merz: Zurück zur Schuldabwehr?

von Henning Melber

Schon am Beginn des Ersten Weltkriegs musste Deutschland seinen „Platz an der Sonne“ räumen. Zuvor war das Kaiserreich kurzzeitig zur viertgrößten Kolonialmacht aufgestiegen, aber nun übernahmen die Kriegsgegner der Entente dessen okkupierte Territorien in Afrika und der Südsee.