Ausgabe Februar 2012

Der Traum von Großisrael

Der Blick auf das letzte Jahr ist mehr als ernüchternd: Der internationalen Gemeinschaft ist es nicht gelungen, einer Friedenslösung im israelisch-palästinensischen Konflikt auf der Grundlage einer Zwei-Staaten-Lösung näher zu kommen. Selbst die Vereinigten Staaten zeigten sich nicht in der Lage, Israels unnachgiebigen Zugriff auf immer mehr Land Einhalt zu gebieten. Es scheint, als ob nichts und niemand Israel in seinem Bestreben aufhalten könnte, seine Grenzen in Richtung „Großisrael“ auszuweiten.

Was aber wird die nahe Zukunft bringen? Wenn eine internationale Vermittlung weiterhin ausbleibt, wird Israel seinen Zugriff auf über 40 Prozent des Westjordanlandes, das Flusstal inbegriffen, weiter zu festigen versuchen – sei es durch Ausweitung der Siedlungen oder durch offene Annexion. Die arabisch besiedelten Zentren wie Nablus, Jericho und Ramallah wären dann vollends eingemauert, auch wenn Israel vielleicht noch einzelne Korridore nach Jordanien zuließe. Natürlich würde diese erste Stufe des Projekts von israelischer Seite als schmerzhaftes Zugeständnis dargestellt werden.

Käme Israel damit durch, könnte es im folgenden Stadium erheblich radikaler zugehen und möglicherweise auch zur Vertreibung großer Teile der palästinensischen Bevölkerung kommen.

Sie haben etwa 15% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 85% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (9.50€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Gaza: Hält der erzwungene Frieden?

von Ignaz Szlacheta

Erst als am 13. Oktober morgens die 20 noch lebenden Geiseln freigelassen worden waren und kurz darauf auch knapp 2000 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikamen, wich die Anspannung. Vorher beschrieb der katarische Nachrichtensender Al-Araby die Stimmung im Gazastreifen als einen „Zustand des Wartens und der Wachsamkeit, begleitet von großer Zuversicht“.

Gaza und die Ära der Straflosigkeit

von Seyla Benhabib

Künftige Historikerinnen und Historiker, die auf den Israel-Gaza-Konflikt zurückblicken, werden möglicherweise erkennen, dass dieser Konflikt an der Schnittstelle dreier Entwicklungen steht, die gemeinsam das Koordinatensystem der nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten internationalen Institutionen völlig verschoben und eine neue Ära eingeläutet haben.