Ausgabe Februar 2015

Griechenland vor der Wende?

Alle Versuche von außen, auch durch die deutsche Bundesregierung, auf das Wahlverhalten der Griechen Einfluss auszuüben, dürften wenig gefruchtet haben. Denn schon beim dreimal gescheiterten Anlauf zur Wahl eines neuen Präsidenten ließ sich die griechische Bevölkerung nicht von ihrer Abrechnung mit den etablierten Parteien abbringen. Der anhaltende Zuspruch für das Linksbündnis um die Syriza-Partei mit ihrem charismatischen Vorsitzenden Alexis Tsipras ist daher im Ergebnis nichts anderes als Ausdruck des Widerstands gegen die bisherigen Eliten und ihre Akzeptanz der exogen verordneten Schrumpfpolitik.

Die Entwicklung Griechenlands gleicht seit Jahren einer Tragödie. Sie funktioniert nach dem Prinzip von Schuld und Sühne. Übersetzt in die moderne Sprache der Austeritätsökonomen heißt dies Konditionalität. Griechenland, so die angeblichen Retter, habe immer schon durch eine verschwenderische Schuldenpolitik „über seine Verhältnisse gelebt“. Finanzielle Hilfen gibt es also nur, wenn tätige Reue erkennbar ist. Die angeblichen Sünden müssen nun seit Jahren gesühnt werden. Daraus resultieren die Demontage des Sozialstaats und der massive Abbau von Lohnansprüchen sowie die radikale Privatisierung der öffentlichen Produktion von Gütern und Dienstleistungen, inklusive massenhafter Entlassungen.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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