Sorgeextraktivismus oder die neue globale Ausbeutung

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Ob bei den bundesweiten Streiks der Kitabeschäftigten, den Arbeitsniederlegungen des Pflegepersonals in der Berliner Charité oder dem Hungerstreik der Assistenzärzte in Polen: Wie selten zuvor haben in den vergangenen Jahren Proteste in den Sozial-, Pflege- und Erziehungsberufen das Thema Sorgearbeit in die Öffentlichkeit getragen. Diese Proteste finden auch deshalb große Beachtung, weil es sich um einen neuen Typus von Arbeitskämpfen handelt. Ihre Protagonistinnen sind nicht nur überwiegend weiblich, sondern ihre Ziele gehen auch über gewerkschaftlich artikulierte Lohnforderungen hinaus und rücken die Frage nach der Qualität und Anerkennung von Sorgearbeit ins Zentrum.
Diese Auseinandersetzungen um Care-Arbeit – wie Ver-, Für- und Vorsorgearbeiten und personennahe Dienstleistungen in der feministischen Ökonomie genannt werden[1] – lassen sich als Kämpfe gegen den „Sorgeextraktivismus“ bezeichnen.
Analog zum Ressourcenextraktivismus[2] beschreibt dieser Begriff die in neoliberalen Regimen verschärfte Ausbeutung von bisher noch nicht inwertgesetzten Bereichen, vor allem von Sorgearbeit, also jener Arbeit, die die Arbeitskraft und das Soziale reproduziert, die putzt und pflegt, wickelt und wäscht, ernährt und regeneriert. Der Markt, die Waren- und Geldökonomie, setzen diese Sorgearbeit als „natürliche“ weibliche Fähigkeiten voraus, die scheinbar endlos nachwachsen.