Vom politischen Umgang mit Armut in der Bundesrepublik
Über 3,1 Mio. Sozialhilfeempfänger wurden 1987 laut Statistischem Bundesamt (1989) gezählt, über 5% der Gesamtbevölkerung in der Bundesrepublik. Jeder Zwanzigste unter uns bezog 1987 Sozialhilfe. Wesentlich mehr Personen - berücksichtigen wir die Dunkelziffer - haben ein so geringes Einkommen, daß ihnen Sozialhilfe zugestanden hätte. Solche Zahlen werden um so brisanter, als hinter ihnen eine sich beschleunigte Entwicklung steht, die der ursprünglichen Intention des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) - nämlich ein letztes Netz für Einzelfälle zu bilden, die eigentlich von den vorgelagerten Systemen der sozialen Sicherung aufgefangen werden sollten deutlich zuwiderläuft, und keine wirtschaftlichen oder demographischen Bewegungen auszumachen sind, die diese Dynamik in den nächsten Jahren dämpfen könnten. (vgl. Hauser 1987, S. 28 f.) Lag die Zahl der Sozialhilfeempfänger in den 60er Jahren noch weitgehend konstant bei 1,5 Millionen, stieg sie in der ersten Hälfte der 70er Jahre sprunghaft an und überschritt 1975 erstmalig die 2-Millionen-Grenze.
Nachdem sie bis 1981 etwa auf diesem Stand verblieb, haben wir jedoch seit Beginn der 80er Jahre wieder einen dramatischen Zuwachs von über 46% zur Kenntnis zu nehmen (nach Statistisches Bundesamt lfd.).