Ausgabe September 1990

Bleiben sie sitzen, es ist ihr Abend.

40 Jahre ARD - das Jubiläum sorgte im ersten Kanal für muntere Tupfer im Logo und ein paar Wiederholungen mehr. Was noch einmal gesendet werden sollte zu diesem Anlaß, hatte das Publikum zu entscheiden. Für jedes Genre wurden vier alte Sendungen zur Auswahl gestellt, wobei die Zahl der für einen Titel eingeschickten Postkarten entschied. Was sich auf so umwerfend originelle Weise dann zum Jubelprogramm zusammenfand, repräsentierte in den wenigsten Fällen Fernsehgeschichte.

Insgesamt war eine Auswahl bewährter gehobener Qualität ja bereits vorgegeben worden: das solide, leicht literarisch-theatralische Fernsehspiel, die Tiersendung, die kritische Dokumentation, alles Sendungen, die eine Wiederholung ohne Zweifel verdient hatten, aber, da insgesamt mit dem Anspruch des Überdauerns produziert, eigentlich eher fernseh-untypisch sind. Nur in der Sparte "Bunter Abend" kam wirklich Nostalgie auf. Die Abendshow "Viel Vergnügen" vom 4. Oktober 1958 mit Peter Frankenfeld, etwas unscharf und fleckig auf Schwarzweiß-Film aufgezeichnet - es sind wohl gar ein paar Schnipsel verlorengegangen: Das ließ tatsächlich eine Ahnung davon aufkommen, wie alles einmal angefangen hatte.

S p i e l e u n d S p i e l e r e i e n ist der Untertitel der Sendung, die nichts weniger bieten will als "alles, was man sich überhaupt unter einem Unterhaltungsprogramm vorstellen kann".

September 1990

Sie haben etwa 33% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 67% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Micha Brumlik: Ein furchtloser Streiter für die Aufklärung

von Meron Mendel

Als die Hamas am 7. Oktober 2023 Israel überfiel und anschließend der Krieg der Netanjahu-Regierung in Gaza begann, fragten mich viele nach der Position eines Mannes – nach der Micha Brumliks. Doch zu diesem Zeitpunkt war Micha bereits schwer krank. Am 10. November ist er in Berlin gestorben.

Warnungen aus Weimar

von Daniel Ziblatt

Autokraten sind vielerorts auf dem Vormarsch. Ihre Machtübernahme ist aber keineswegs zwangsläufig. Gerade der Blick auf die Weimarer Republik zeigt: Oft ist es das taktische Kalkül der alten Eliten, das die Antidemokraten an die Macht bringt.