Gewalt in Südafrika ist zunächst einmal staatliche Gewalt: Mord und Folter durch Polizei und Armee und bezahlte Killerkommandos. Doch darüber hinaus hat sich ein allgemeines Klima der Gewalt herausgebildet - Raubüberfälle, Morde, Vergewaltigungen. In vielen Familien und in den Schulen ist es "normal", daß Kinder geschlagen werden; ebenso "normal" ist die alltägliche Gewalt gegen Frauen. All diese Gewaltformen sind, zumindest was das derzeitige Ausmaß betrifft, Folgen der Apartheid, also der jahrzehntelangen systematischen Rassentrennung und -diskriminierung.
Nachstehend ist von der vom Staat ausgehenden Gewalt die Rede. Dies zu bedenken ist vor allem deshalb wichtig, weil die südafrikanische Propaganda glauben machen will, daß es sich bei den gegenwärtigen Gewalttaten hauptsächlich um "black-on-black violence", also Gewalt von Schwarzen gegen Schwarze handele. Man sollte nach den Ursachen der Gewalt fragen - insbesondere angesichts der hiesigen Berichterstattung, die sich vornehmlich um die Zahl der Leichen kümmert, sofern es nur genug sind, und ansonsten die Geschehnisse als "Gewaltausbrüche" abhandelt - wie Naturkatastrophen eben. Vor Beginn des Generalstreiks in Südafrika im August 1992 hatte die Regierung in Pretoria einmal mehr vor der Gewalt gewarnt, die ihrer Ansicht nach von solchen Massenaktionen ausgelöst werde.