Plädoyer für einen Demokratie-Pakt
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Die Zeichen sind gesetzt. Die Lichterketten sind weithin sichtbar und die Botschaft der großen Konzerte ist nicht zu überhören. Millionen Menschen in den alten und neuen Ländern der Bundesrepublik haben in den zurückliegenden Monaten gezeigt, daß sie bereit sind, rassistischer Gewalt und rechter Stimmungsmache entgegenzutreten. "Ich bin froh, daß die Mehrheitsmeinung in diesem deutschen Winter ihr Symbol in der Kerze hat. Und nicht in Baseballschlägern", formulierte es Robert Hetkämper eindringlich 1). Und Jürgen Habermas stellte in der "Zeit" fest, daß nun endlich "die in den 80er Jahren herangereifte Protestkultur weitere Kreise zieht... Sie verteidigen die Standards eines in der alten Bundesrepublik eingeübten und halbwegs selbstverständlich gewordenen zivilen Umgangs miteinander" 2). Und doch bleiben auch in dieser Phase der allgemeinen Erleichterung und der vorsichtigen Hoffnung Fragezeichen. Ist die Gewalt nun wirklich abgeebbt oder gibt es nur eine Pause? Ist die Bundesregierung wirklich bereit, eine längerfristige Politik gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit zu entwickeln oder begnügen sich die Konservativen wieder mit einigen Alibi-Maßnahmen? Vor allem ein Widerspruch beschäftigt viele, die sich an den Lichterketten und anderen Aktionen beteiligt haben.