Kaum waren die Tränengasschwaden verflogen, mit denen ein martialisches Großaufgebot an Riot Police Mitte August in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul demonstrierende Studenten auf mehreren Universitätsgeländen einnebelte, sorgten aufsehenerregende Nachrichten aus der 10 Millionen Einwohner zählenden Metropole neuerlich für Schlagzeilen: Am 26. August verurteilte das Bezirksgericht in Seoul den Expräsidenten Chun Doo-Hwan (1980-1988) zum Tode und seinen Nachfolger Roh Tae-Woo (1988-1993), einige hochrangige Generäle sowie Topmanager der mächtigen Chaebol (Wirtschafts- und Finanzkonglomerate) zu hohen Haftstrafen und Geldbußen. Allen Verurteilten wurden Kapitalverbrechen zur Last gelegt - Militärputsch, Rebellion, Hochverrat und Korruption. "Wer auf der Matte schläft", lautet ein koreanisches Sprichwort, "der fällt nicht tief". Pech für jene, die sich auf Kosten des Volkes in Prunkbetten suhlten: nunmehr stürzen sie um so tiefer. Unabhängig davon, ob die Urteile letztlich vollstreckt werden oder nicht doch durch Berufungsverfahren oder qua Präsidialamnestie abgeschwächt werden, sind sie ein Politikum ersten Ranges.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.