Ihre Gegner scheuen keine Mühe, sie wegzudefinieren - aber es gibt sie, die deutsche Linke, so buntgemischt sie in ihrer Ideologie und sozialen Zusammensetzung auch sein mag und so oft ihre eigenen Angehörigen bestreiten mögen, daß etwas wie "die Linke" nach wie vor existiert. Will man die deutsche Linke charakterisieren, liegt der Rückgriff auf James Potter Stewart nahe, einstiges prominentes Mitglied des Obersten Bundesgerichtshofs der USA, der sich einmal an der Beschreibung von Pornographie versuchte: "Ich habe keine Ahnung, wie ich sie definieren soll, aber sagen wir es einmal so: Ich weiß, was sie ist, wenn ich sie sehe." Gleiches gilt für die deutsche Linke. Wir wissen nicht, wie wir sie bestimmen und eingrenzen sollen, aber wir wissen, was sie ist, wenn wir sie sehen. Und gleiches gilt für die tatsächlichen Vertreter dieser amorphen Erscheinung. Es ist müßig zu behaupten, die Linke existiere nicht, weil ihre Ideen und Ideologien immer heterogener und der soziale Hintergrund derer, die sich ihr zugehörig fühlen, immer disparater werden.
Noch müßiger ist die Behauptung, die Linke habe sich verabschiedet, weil der "real existierende Sozialismus" (leider viel zu spät) zusammengebrochen sei.