Ausgabe Januar 1998

Für die USA ist der Irak völlig gleichgültig

Wer gegen Saddam Hussein "irgendwas tun" möchte, stößt sofort auf das Problem, daß keine der gegenwärtig vorstellbaren Maßnahmen greift. Mehr als hinreichend hat der Präsident des Irak demonstriert, daß weder Sanktionen, die seinem Volk großen Schaden zugefügt haben, noch Bomben- und Raketenangriffe ihn zum Nachgeben zwingen werden. Er hat zwei verheerende Kriege überlebt. Der Konflikt mit dem Iran war einer der schrecklichsten des zwanzigsten Jahrhunderts, und der Golfkrieg mit den USA und ihren Alliierten konnte seiner Macht nicht dauerhaft schaden. Inzwischen hat Saddam Hussein von Amerika finanzierte oder unterstützte Oppositionsgruppen zerschlagen und militärische Verschwörungen pariert.

Was auch immer die Regierung der Vereinigten Staaten über den Irak sagt, dem Kongreß steht der Sinn nicht nach einem weiteren echten Krieg mit diesem Staat. Von Amateurstrategen in Washington und New York geforderte neuerliche Bomben- oder Raketenangriffe aus der Distanz, die Saddam töten und seine militärischen Anlagen zerstören sollen, bieten keine ernsthaften Aussichten, die irakische Politik zum Besseren zu verändern. Mag Mr. Hussein von Ehrgeiz, Überlebenswillen oder Größenwahn gelenkt werden, seine Politik wurzelt in der irakischen Geschichte und im Nationalismus. Sie ist zudem Ausdruck von Verfolgungswahn und Ignoranz.

Januar 1998

Sie haben etwa 21% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 79% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Die neue Merz-Doktrin?

von Jürgen Trittin

Jahrzehntelang durfte in keiner Grundsatzrede eines deutschen Politikers in Regierungsverantwortung der Satz fehlen: „Wir setzen auf die Stärke des Rechts statt auf das Recht des Stärkeren.“ Doch das war einmal. Bundeskanzler Merz‘ lautstarkes Räsonieren über den Krieg Israels gegen den Iran markiert den Bruch mit dieser Tradition.

Eigennutz statt Solidarität

von Klaus Seitz

Etwa eine Milliarde Euro weniger als im vergangenen Jahr steht dem Bundesentwicklungsministerium 2025 zur Verfügung. Doch nicht nur der Spardruck macht der Entwicklungszusammenarbeit zu schaffen, auch die strategische Neuausrichtung gefährdet ihre Zukunftsfähigkeit.

Besser als ihr Ruf: Die europäische Afrikapolitik

von Roger Peltzer

Schon unter Angela Merkel hat der afrikanische Kontinent in der deutschen Bundesregierung große politische Aufmerksamkeit erfahren. Die Ampelregierung setzt diesen Kurs fort: Seit seinem Amtsantritt reiste Bundeskanzler Olaf Scholz jedes Jahr nach Afrika.