Der Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa wurde vor gut zehn Jahren auf der Pariser KSZE-Gipfelkonferenz von den 22 Mitgliedstaaten der NATO und des gerade noch existierenden Warschauer Pakts abgeschlossen. Am 19. November 1999 unterzeichneten die mittlerweile 30 Vertragsstaaten auf dem Istanbuler OSZE-Gipfel das "Übereinkommen über die Anpassung des Vertrags über konventionelle Streitkräfte" sowie die ergänzende "Schlußakte der Konferenz der Vertragsstaaten des Vertrags über konventionelle Streitkräfte in Europa" 1), die zusammengenommen eine völlig neue Vertragskonstruktion schaffen. In den zwölf Monaten, die seither verstrichen sind, haben nur zwei Staaten das neue Vertragswerk ratifiziert, Belarus und die Ukraine, aber weder Rußland noch ein Mitgliedstaat der NATO. Grund dafür sind drei sich aus dem Vertragswerk ergebende und von der NATO aufgegriffene Ratifizierungsbedingungen, die bisher nicht erfüllt werden konnten. Weil der alte rechtskräftige Vertrag in weiten Teilen politisch obsolet ist, während der neue noch nicht in Kraft treten kann, birgt die weitere Verzögerung der Ratifizierung die erhebliche Gefahr, daß das gesamte Vertragswerk zerrieben werden könnte.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.