Das Zeitalter der ethnischen Konflikte hat die Ära des Kalten Kriegs abgelöst: Während bis Ende der 80er Jahre "ethnische Konflikte" in den Medien nahezu unbekannt waren, stieg "Ethnizität" in den 90er Jahren zur beherrschenden Interpretationsformel von Konflikten auf. Der Zusammenbruch der Sowjetunion und der damit einhergehende Abgesang auf die herrschende Weltordnung bereiteten das Feld für die Vorstellung, dass die gesamte Welt von ethnischen Konflikten erschüttert wird: Zunächst Nagorny-Karabach, dann Abchasien, Slowenien, Kroatien, Angola, Bosnien-Herzegowina, Ruanda, Chiapas, Somalia, Tschetschenien, Zaire, Kosovo, Molukken und Mazedonien, um nur einige zu nennen. Auch den Afghanistankonflikt, der durch die Anschläge des 11. September wieder ins Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung rückte, identifizierten Medien und Politiker als einen "ethnischen", obgleich sich die "Beteiligten" nicht einmal ethnisch definierten. Es scheint geradezu so, als ob sich gewaltsame Konflikte auf dieser Welt einer ethnischen Etikettierung gar nicht mehr entziehen können. Im Folgenden will ich eine Annäherung wagen, wie die Konjunktur des Ethnischen zu erklären ist.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.