Ausgabe November 2002

NATO: Einer für alle oder alle für einen?

Im November 2002 wird der Prager NATO-Gipfel über die nächste Erweiterung der Organisation entscheiden. Zehn Länder haben sich beworben, und alles sieht nach einem "Big Bang" aus. Vermutlich werden nur die instabilen Kandidaten Mazedonien und Albanien, möglicherweise auch Kroatien, das Nachsehen haben. Es ist davon auszugehen, dass die baltischen Staaten, Slowenien, die Slowakei, Bulgarien und Rumänien so genannte Einladungen erhalten. Während 1990 der damalige US-Außenminister Moskau zugesichert hatte, dass die NATO sich nicht über Ostdeutschland hinaus ausdehnen werde, und die erste Erweiterungsrunde vor allem in Russland Widerstand hervorrief, wird der bevorstehende Mitgliederzuwachs als fait accompli ohne ernsthafte Bündnisdebatte behandelt. Nicht Russlands Psychosen, die Nationalismen in Südosteuropa oder die sicherheitspolitischen Ambitionen der EU sind derzeit das beherrschende Thema, sondern die Frage, ob es zum eigenen Vorteil gereicht, in einer Pax Americana zu leben. Die künftige Rolle der NATO und die Effekte der Erweiterung sind zum Unterthema der Debatte geworden.

Putins Lernfähigkeit

Vor der ersten Erweiterung hatten sich Kritiker noch vor den fahrenden NATOZug geworfen.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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