Ausgabe Juni 2004

Offene Neutralität im Kopftuchstreit

Am 24. Juni entscheidet das Bundesverwaltungsgericht erneut im so genannten Kopftuchstreit auf Grundlage der neuen Gesetzeslage in Baden- Württemberg. Im September 2003 hatte das Bundesverfassungsgericht ent- schieden, dass die Ablehnung einer Lehrerin allein wegen des Tragens eines Kopftuchs von der damaligen Gesetzeslage nicht gedeckt gewesen war. Inzwischen haben die ersten Bundesländer Gesetze verabschiedet, die ein generelles Kopftuchverbot für Lehrerinnen bezwecken.1

Die zentrale Botschaft der Bundesverfassungsgerichtsentscheidungandie Politik lautete: Der mit der zunehmenden religiösen Vielfalt verbundene gesellschaftliche Wandel bedarf der aktiven politischen Gestaltung und Entscheidung. Die zunehmende religiöse Pluralität, so mahnte das Gericht zu Recht an, stelle Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, deren Klärung in einer breiten öffentlichen Debatte zu erfolgen hat. So unbequem die Antworten auf diese Fragen auch sein mögen, sie können eben wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung nicht an die Verwaltungen oder die Gerichte delegiert werden, sondern müssen von den hierzu berufenen demokratischen Volksvertretungen getroffen werden.

Das Gericht hat klargestellt, dass unsere Verfassung die Antwort auf die Frage, ob muslimische Frauen, die im Unterricht ein Kopftuch tragen wollen, zum Schuldienst zugelassen werden sollen oder nicht, nicht vorgibt.

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Drei Millionen ohne Abschluss: Was tun?

von Maike Rademaker

Die Zahl war lediglich einen Tag lang einige Schlagzeilen wert: Rund 2,9 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren hierzulande haben keinen Berufsabschluss. Maike Rademaker analysiert Gründe und Lösungsansätze.