Ausgabe März 2005

Historischer Kompromiss:

Berlusconi und die Mafia

Seit dem Amtsantritt des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi im Mai 2001 verfolgt die politisch interessierte Öffentlichkeit außerhalb des Landes mit einer Mischung aus Verblüffung, Erschrecken und Unverständnis seine Regierungspraxis. Von vornherein wirkt ja ein Mann nicht unbedingt Vertrauen erweckend, der wegen Bestechung, Bilanzfälschung und illegaler Parteienfinanzierung erstinstanzlich verurteilt wurde, der einen deutschen Sozialdemokraten im Europäischen Parlament als KZ-Kapo apostrophiert und den Umgang Mussolinis mit seinen politischen Gegnern als eine Form paternalistischer Fürsorge beschreibt. Die beispiellose Machtkonzentration in seinen Händen hat sich während der letzten Jahre immer weiter verstärkt. Neben drei privaten Fernsehsendern kontrolliert der reichste Mann des Landes nun auch die staatliche Rundfunk- und Fernsehanstalt RAI. Regierungskritische Journalisten kommen im italienischen Fernsehen nicht mehr zu Wort. Sondergesetze haben zahlreiche Gerichtsverfahren gegen Berlusconi und seine Mitarbeiter beendet, vor allem durch eine radikale Verkürzung der Verjährungsfristen. Die Legitimität der italienischen Justiz wird von den Regierungsparteien systematisch in Frage gestellt; eine gerade verabschiedete Justizreform hebt die Unabhängigkeit der Dritten Gewalt faktisch auf.1 Nach wie vor ungeklärt ist die mysteriöse Herkunft von Berlusconis Startkapital in den 70er Jahren.

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Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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