Ausgabe September 2025

Patriotische Zivilgesellschaft: Das Vorfeld der AfD

Demonstrierende des Pegida-Ablegers »Bärgida« gehen unter dem Motto »Berliner Patrioten gegen Islamisierung des Abendlandes« auf die Straße, 12.1.2015 (IMAGO / Future Image)

Bild: Demonstrierende des Pegida-Ablegers »Bärgida« gehen unter dem Motto »Berliner Patrioten gegen Islamisierung des Abendlandes« auf die Straße, 12.1.2015 (IMAGO / Future Image)

Alice Weidel war genervt von der Geräuschkulisse während ihres Sommerinterviews Ende Juli in der ARD. Um das Gespräch mit der AfD-Vorsitzenden zu stören, hatten sich Aktivist:innen des Künstlerkollektivs Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) unweit des TV-Studios versammelt und Musik abgespielt. „Es ist ein bisschen laut hier wegen dieser NGO-Demonstranten da hinter uns“, klagte die AfD-Chefin.

Die Meinungen über solche Aktionen gehen auseinander. In jedem Fall nutzt die AfD sie für ihre Selbstinszenierung als Opfer. Wenige Tage nach dem Interview veröffentlichte die Partei ein Video auf YouTube und schrieb dazu: „DER NGO-TERROR: So zerstören SIE die Meinungsfreiheit“. Die erste Sequenz zeigt den ZPS-Lautsprecherwagen während der Störaktion.

Der Clip dient als Aufhänger für einen Rundumschlag gegen zivilgesellschaftliche Akteure, ihre öffentliche Finanzierung und die Verstrickung mit der Politik. Bei vielen Nichtregierungsorganisationen handele es sich laut der AfD um ein „Machtinstrument der politischen Linken“. Sie würden den demokratischen Diskurs unterwandern und mit Steuergeldern gezielt die Opposition bekämpfen. 

Was im AfD-Video unerwähnt bleibt: Das ZPS erhält keine öffentliche Förderung[1] und eignet sich deshalb kaum als Beispiel für die erhobenen Vorwürfe.

»Blätter«-Ausgabe 9/2025

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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