Ausgabe April 2009

Das gescheiterte Projekt

Dem historischen Gesetz, dass die Geschichte stets von den Siegern geschrieben wird, setzte Stefan Zweig in seinem Werk „Sternstunden der Menschheit“ Portraits von Verlierern entgegen – oder er erfand Entscheidungssituationen, in denen die Geschichte auch ganz anders hätten verlaufen können, wäre die Kontingenz gnädiger gestimmt gewesen. Knapp 20 Jahre nach dem Untergang der DDR legt nun der Politikwissenschaftler Dieter Segert, Jahrgang 1952, heute Professor an der Universität Wien und damals aktiv in einer Basisbewegung der SED an der Berliner Humboldt-Universität, seine „Verlierergeschichte“ vor. Und zwar in Form einer Autobiographie, die zu Beginn wie zum Schluss zugleich eine Gruppenbiographie ist.

Segerts Generation ist die dritte einer intellektuellen Dienstklasse nach 40 Jahren DDR, hier speziell ihrer Philosophen-Abteilung. Die erste Generation, stammend aus Emigration und KZ, verstand ihren Marxismus moralisch (darin bestand kein Unterschied etwa zwischen Ernst Bloch, Georg Klaus und Hans Mayer), ihr Banner war der Antifaschismus. Die zweite, die Aufbaugeneration, versuchte durch konsequentes Handeln sozialismusadäquate Abläufe in Wirtschaft, Staat, Kultur und Gesellschaft zur Geltung zu bringen. Die dritte Generation schließlich war bestrebt, die zunehmenden Widersprüche theoretisch zu verarbeiten.

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