Ausgabe Mai 1990

Hoffnungsträger gesucht

Herausforderungen an die Gewerkschaften in den 90er Jahren

1. Warnung vor "einfachen Antworten"

Was wohl die Welt im innersten zusammenhält, läßt Goethe seinen Faust fragen. Seit der Explosion der Atombombe und der Entwicklung der Gentechnologie ist für die physikalische Welt im engeren Sinne diese Frage beantwortet. Vergleichbare Gewißheit galt - zumindest im Selbstverständnis eines nicht unerheblichen Teils politisch aktiver Menschen - bis vor kurzem auch für die soziale Welt. Mit der Auflösung aller Strukturen in jenen Ländern, die den "Sozialismus" auf ihre Fahnen geschrieben hatten - und die zusammen einen großen Teil der Menschheit ausmachten -, ist diese Gewißheit endgültig dahin. In der Geschichte haben sich nur selten politische und gesellschaftliche Veränderungen dieses Ausmaßes so rasant vollzogen wie in jüngster Zeit. Interpreten - soweit sie ihr Handwerk seriös betreiben - geraten in Atemnot. Viele Bürger sind verunsichert, weil die Folgen dieses gewaltigen Umbruchs nicht abschätzbar sind.

Das gilt - logischer- und verständlicherweise - nicht zuletzt auch für "Linke" aller Schattierungen in der Bundesrepublik. Nicht wenige machen eine tiefgreifende p o l i t i s c h e O r i e n t i e r u n g s k r i s e durch. Die Spanne der Reaktionen reicht von trotzigem Festhalten an dogmatischen Positionen bis zur opportunistischen Anpassung.

Mai 1990

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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