Der aufmerksame Zeitungsleser mit Langzeitgedächtnis stellt seit einigen Monaten einen radikalen Wechsel in Sachen DDR-Wirtschaft fest. Zwar galt die Ökonomie der DDR auch in den vergangenen Jahren als jener der BRD hoffnungslos unterlegen.
Im Vergleich zu den übrigen RGW-Ländern aber wurde sie stets als stabil und relativ leistungsfähig dargestellt. Heute dagegen gilt die DDR-Ökonomie als durch und durch zerrüttet, ein "Wiederaufbau", vergleichbar jenem der BRD nach 1945, sei fällig. Selbst die Situation Polens und Ungarns, seit längerer Zeit in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, erscheint hoffnungsvoller. Dabei war die früher eher positive Wertung der wirtschaftlichen Stabilität der DDR nicht nur Ergebnis von "Nationalstolz". Auch in seriösen Analysen fand sich dieses Urteil. Das "Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung" (DIW), die in Sachen DDR-Ökonomie in der BRD am wohl besten ausgewiesene wissenschaftliche Einrichtung (bei der auch DDR-Forscher Daten erfragten, die die eigene Statistik verheimlichte), kam 1987 zu folgender Feststellung: "Die DDR ist im RGW überhaupt das Land mit dem höchsten ökonomischen Leistungsniveau (und damit auch das Land mit dem höchsten individuellen Lebensstandard). " ("DIW-Vierteljahreshefte ", 1-2/1987, S.