Ausgabe Mai 1995

Burundi:Sinnlose Gewalt als politisches Kalkül

Die letzten Apriltage sind in Burundi Jahr für Jahr von großen Spannungen in der Bevölkerung gekennzeichnet, seit am 29./30. April 1972 Massaker ihren Anfang nahmen, die weit über hunderttausend Menschen das Leben kosteten; diese wiederkehrende Unruhe geht nicht nur auf gezielt gestreute Gerüchte - in Burundi ein gern eingesetztes politisches Instrument - zurück, sondern hat auch etwas mit dem zyklischen Geschichtsempfinden der Barundi 1) zu tun, wie es während mehrerer Jahrhunderte von den "Hofchronisten" der alten, bis 1966 aufrechterhaltenen Monarchie gepflegt worden war. Nur wenige Wochen zuvor gedachte man in Burundi wie in Ruanda eines anderen Jahrestages: Am 6. April 1994 waren beim Abschuß des ruandischen Präsidentenflugzeuges über Kigali die Staatspräsidenten der beiden benachbarten Länder mitsamt ihren Begleitern ums Leben gekommen. Die Gedenkfeiern hatten allerdings einen sehr unterschiedlichen Gegenstand.

Während sie in Burundi hauptsächlich dem umgekommenen Präsidenten Cyprien Ntaryamira galten, der kaum zwei Monate zuvor interimistisch für den am 21. Oktober 1993 ermordeten Melchior Ndadaye eingesetzt worden war und der die demokratisch legitimierte Macht verkörperte, hatte man in Ruanda den 22 Jahre lang herrschenden Staatschef Juvinal Habyarimana schnell vergessen.

Mai 1995

Sie haben etwa 5% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 95% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema