Die CDU zwischen Europa und Nation
Mag sich die Berliner Republik staatsrechtlich auch als bloße Fortsetzung der Bonner verstehen - gesellschaftlich, politisch und kulturell ist sie etwas anderes. Sie verdankt sich einer historischen Zäsur. Unversehens ist das Koordinatensystem der bundesrepublikanischen Politik weggebrochen: die Angst vor der Bedrohung aus dem Osten als Kohäsionsfaktor des Westens und als binnengesellschaftliches Stabilisierungsmoment; die Westintegration als Vehikel zur Rückgewinnung politischer Handlungsfähigkeit; das unumstrittene Eintreten für die europäische Einigung, das aus der Not der nationalen Spaltung eine postnationale Tugend gemacht hatte; schließlich der Abriß der Mauer, die tagtäglich an die Teilung und an die Niederlage Hitler-Deutschlands als ihre Ursache erinnert hatte.
So einschneidend dieser historische Bruch auch war, so entsprach ihm doch die allgemeine Wahrnehmung lange nicht, jedenfalls nicht in Westdeutschland.
Denn während das Ende der DDR für die neuen Bundesbürger tabula rasa bedeutete, weil mit dem alten Regime, das tief in die Falten des gesellschaftlichen Alltags hineinreichte, zugleich auch ihre gesamte gewohnte Lebenswelt auf den Kopf gestellt wurde, gab es zunächst im Westen nichts Neues.