Linke Mehrheiten haben noch jedes Mal zu einem Desaster geführt, wenn sie die Politik des Gegners betrieben und die Wähler für Idioten hielten. - Keine Warnung an die neue deutsche Regierung, sondern eine Abrechnung, die Abrechnung von Pierre Bourdieu mit der französischen Linksregierung, veröffentlicht am 8. April dieses Jahres. Kaum ein Jahr nach dem Regierungsantritt der Linkskoalition unter Lionel Jospin plädiert der renommierte und international bekannte Soziologe, Professor am College de France und Studiendirektor an der Hochschule für Sozialwissenschaften EHESS, in "Le Monde" für eine "linke Linke" und liest in harschen Worten dem "Quartett" Jospin, Chevenement (PS), Hue (PCF) und Voynet (Grüne) die Leviten. Die linkspluralistische Regierung lasse sich inzwischen von der neoliberalen Troika Blair-Jospin-Schröder animieren, betreibe eine kurzsichtige Tagespolitik und zeige sich blind und taub angesichts der Nöte der "Volksklassen". Wirkliche Antworten auf die schleichende oder offene Faschisierung des Landes könnten nur von den neuen sozialen Bewegungen kommen, die sich seit den Streiks vom Dezember 1995 gebildet haben.
In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.