Die Grenze zwischen Demokratie und Barbarei ist zuweilen fließend. Jahrzehntelang galt die Elfenbeinküste, mächtigstes Land des frankophonen Westafrika, als Hort des Friedens und der Stabilität. Aber als Ende Oktober das Volk zum ersten Mal seinen Willen gegen eine renitente Miiltärregierung durchsetzte, erinnerten die begleitenden Gewalttaten sogleich an den ruandischen Genozid. Es waren regelrechte Pogrome, die am 26. und 27. Oktober in der Elfenbeinküste von Anhängern des frischgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo zusammen mit Polizei und Teilen des Militärs gegen Muslime und Angehörige der nordivoirischen Dioula-Ethnie verübt wurden. Die Berichte der Überlebenden gleichen Horrorgeschichten: Der Gastwirt kann nicht vergessen, wie die Polizei sein Restaurant anzündete; der junge Mann sagt aus, daß er nach seiner Festnahme in Stacheldraht eingewickelt wurde und man ihm befahl, sich innerhalb von drei Minuten selbst zu befreien, sonst werde er erschossen.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.