Ausgabe Mai 2003

Frontfiguren

Der erfolglose Journalist und die Frau mit der kleinen Tochter müssen in New York auf einen Flug nach Europa warten, weil die Fluglotsen streiken. Vom Hotelfenster aus sieht man das hell erleuchtete Empire State Building. Er will der kleinen Alice imponieren und bläst mit voller Kraft aus dem Fenster – und tatsächlich: Der Wolkenkratzer verschwindet plötzlich in der Nacht. Aber Alice lässt sich nicht beeindrucken, schnell findet sie heraus, dass die Strahler um Mitternacht abgeschaltet werden. Der Gag aus Wim Wenders’ Film Alice in den Städten (1973) findet sich noch in weiteren Filmen: Un monde sans pitié (1989) von Eric Rochant und La Haine (1995) von Mathieu Kassowitz, nur ist es hier der Eiffelturm. Einer der Beteiligten kommentiert die Szene dort: „Sowas klappt nur im Kino“. In der Tat ist die Unterwerfung der Realität unter den Willen der gestaltenden Phantasie des Regisseurs ein alter Kinotraum und in diesen Szenen setzt die cineastische Poesie ein Zeichen für die Macht der Träume über im wirklichen Leben scheinbar unbeeinflussbare Ereignisse.

Die Bilderideologie des Irakkrieges hat diesen manipulativen Mechanismus nun umgedreht.

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Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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