Ausgabe August 2003

Wie Deutschland wirtschaftlich ruiniert wurde

Ein Bericht aus dem Jahre 2010

In der Rückschau auf 2003/2004 wirkt manches absurd, weil man sich die Verhältnisse und die geistige Disposition der meisten Akteure zu Beginn des dritten Jahrtausends heute nicht mehr vorstellen kann. Gleichwohl ist gerade jetzt eine gute Zeit für einen Rückblick, weil der Anfang der ruinösen Entwicklung an einem politischen Programm festgemacht werden kann, das paradoxerweise "Agenda 2010" (elegant "zwanzigzehn" von den damals verantwortlichen Politikern ausgesprochen) hieß.

Wie konnte es zu solch "kollektivem Wahn" (so Albrecht Müller schon 2003) einer ganzen Gesellschaft kommen? Wie konnte man in den Jahren 2003/2004 mit großer Leichtfertigkeit die verhängnisvollen Fehler von 1929/30 wiederholen, obwohl gleichzeitig jeder, den man gefragt hätte, fest davon überzeugt gewesen wäre, die Lektion der ersten großen Krise gelernt zu haben? Welche Rolle spielte die ökonomische Wissenschaft, welche die Medien? Ich will anhand von einigen Beispielen erläutern, wie es zu der großen Konfusion kommen konnte, die den tiefen Fall der deutschen Wirtschaft und das Abrutschen in eine Deflation zur Folge hatte.

Der Ausdruck "Reformen" war in Deutschland das Mantra, das spätestens seit der im Jahr 2000 einsetzenden Stagnation der Weltwirtschaft jeder vor sich hertrug, der glaubte, ökonomisch bis drei zählen zu können.

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Flucht vor der Verantwortung: Lieferkettengesetze am Ende?

von Merle Groneweg

Der 11. September erinnert nicht nur an den Einsturz des World Trade Centers in New York, sondern auch an eine der schwersten Katastrophen in der Textilindustrie: den Brand in der Fabrik Ali Enterprises in Karatschi, Pakistan.

Ohne EU-Mindestlohn kein soziales Europa

von Roland Erne

Nach Jahren antisozialer Politik infolge der Finanzkrise von 2008 standen soziale Fragen in der vergangenen Legislatur der EU wieder weiter oben auf der Agenda. Zwischen 2022 und 2024 verabschiedeten das EU-Parlament und der Rat seit langem wieder mehrere soziale EU-Gesetze, darunter die Richtlinie über „angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union“.

Drei Millionen ohne Abschluss: Was tun?

von Maike Rademaker

Die Zahl war lediglich einen Tag lang einige Schlagzeilen wert: Rund 2,9 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren hierzulande haben keinen Berufsabschluss. Maike Rademaker analysiert Gründe und Lösungsansätze.